Ein Freund unter Feinden

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Wie erreicht man Frieden im Nahen Osten? Gerhard Conrad hat früher schon mal verhandelt

Viele Jahre war er Deutschlands Mann in geheimer Mission in Nahost: Der frühere Geheimdienstler Gerhard Conrad, 70, wurde als „Mr. Hisbollah“ berühmt, weil er erfolgreich zwischen der libanesischen Miliz und Israel vermittelte. 2011 verhandelte der BND-Agent mit der Hamas die Freilassung des israelischen Soldaten Gilad Schalit. Conrad weiß, wie Deals zwischen Erzfeinden gelingen. Wie blickt er auf die aktuelle Lage?

Ist nach dem Hamas-Terror vom 7. Oktober und der israelischen Bodenoffensive in Gaza eine Zwei-Staaten-Lösung überhaupt noch möglich?

Auf einem Trümmerhaufen lässt sich keine Zwei-Staaten-Lösung aufbauen. Selbst wenn die militärische Auseinandersetzung beendet ist, bleibt die Frage: Mit wem auf Palästinenserseite soll eine solche Lösung verhandelt werden? Mit einer Militärverwaltung in Gaza unter israelischer Aufsicht? Oder einer Fatah in Ramallah, die ohne Mandat für die Menschen in Gaza nicht sprechen kann? Selbst wenn diese Hindernisse durch formale Kompromisslösungen überwunden werden sollten, wird es zumindest Jahre dauern, bis Israelis und Palästinenser an einen Tisch kommen können, um auch nur über die Grundbedingungen einer Zwei-Staaten-Lösung zu sprechen, geschweige denn diese auch umzusetzen.

Aber irgendwie muss man ja zu einer Art gewaltfreien Koexistenz kommen.

Mit Netanjahu und seiner Koalition sicher nicht. Die Frage ist, ob andere, moderatere Kräfte in Israel diesen Weg einschlagen können und wollen. Und ob es die Stimmungslage in Gesellschaft und Politik erlaubt. Laut Umfragen will nur eine Minderheit der jüdisch-israelischen Bevölkerung eine Zwei-Staaten-Lösung.AuchbeidenPalästinensern sind es derzeit nur wenige. Zudem hat nach dem Einmarsch in Gaza die nationalreligiöse Siedlerbewegung noch einmal deutlich an Einfluss gewonnen und das Momentum auf ihrer Seite. Dies manifestiert sich im massiven Siedlungsbau im Westjordanland, der schon vor Jahren begann und unter Netanjahu weiter zunahm. Das müsste alles zurückgefahren werden, um auf der Westbank zumindest den Status quo wiederherzustellen. Ob es dafür eine Mehrheit in der israelischen Bevölkerung gibt? Ich habe Zweifel. Alle Trends gehen eher dahin, dass sich der Konflikt weiter vertieft und verfestigt.

Israel und die Hamas verhandeln indirekt seit Monaten über eine Feuerpause und die Freilassung weiterer Geiseln. Katar, die USA und Ägypten treten als Vermittler auf. Warum ist bei diesen Gesprächen noch immer keine Einigung in Sicht?

Foto: mago images

Ganz einfach: Es gibt keinen Raum für einen Kompromiss in den Kernfragen. Netanjahus Ziel ist die Auslöschung der Hamas in Gaza. Israel sagt zur Hamas: Lasst die Geiseln frei und seid froh, wenn wir danach nicht umgehend auf euch schießen, während ihr das Weite sucht – um es mal bildlich

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