„An der FDP scheitert die Ampel nicht“

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Die frühere Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger verteidigt das provokative Auftreten ihrer Partei. Im Bündnis müsse gelten: Wettstreit ja, Dauerstreit nein

Die FDP legt vor ihrem Parteitag ein neues Konzeptpapier vor und einmal mehr erklingt allerorts der Abgesang auf die Ampel-Koalition. Es ist inzwischen Tradition, dass konkrete Vorschläge allgemeine Empörung auslösen. Jüngster Stein des Anstoßes sind Maßnahmen, mit denen die Liberalen die Wirtschaft wiederbeleben wollen.

Die Vorwürfe der Kritiker wiegen schwer: Die FDP habe das Papier konzipiert, um die Regierungspartner zur Weißglut zu treiben und so einen Koalitionsbruch herbeizuführen. Es sei gar eine Neuauflage des Lambsdorff-Papiers aus dem Jahr 1982, dem bis heute der Ruf als Sprengsatz der sozialliberalen Koalition anhaftet. Fällt den Kritikern nicht mehr ein? Keine Regierungspartei kann sich derzeit Neuwahlen wünschen oder es verkraften, sich ihrer staatspolitischen Verantwortung zu entziehen. An der FDP scheitert die Ampel nicht.

Nur wegen eines Zwölf-Punkte-Papiers wird die FDP nicht das Regierungsbündnis verlassen, das gerade jetzt während zweier militärischer Auseinandersetzungen handlungsfähig sein muss.

Man sollte das Konzeptpapier daher mit Blick auf sein Kernthema betrachten: Die ökonomischen Aussichten in Deutschland sind düster. Der Internationale Währungsfonds prognostiziert der heimischen Wirtschaft im aktuellen Jahr ein Wachstum von 0,2 Prozent. Das Land leidet an strukturellen Problemen. Durch die alternde Bevölkerung sinkt die Zahl an Arbeitskräften, während gleichzeitig die Kosten für Sozialleistungen astronomische Höhen erreichen.

Die Rente mit 63 beizubehalten ist daher in etwa so sinnvoll wie ein brennendes Haus mit Benzin zu löschen. Leidtragende sind jüngere Generationen, auf denen die Zukunft des Landes beruht, die aber bei der Förderung der Generationengerechtigkeit meist übergangen werden. Das Bürgergeld hingegen ist so umstritten wie kaum ein anderes Ampel-Projekt und musste, wenige Monate nachdem es mit Zustimmung von unionsgeführten Bundesländern verabschiedet wurde, nachgebessert werden. Arbeitsminister Heil folgte damit der Ansicht des Großteils der Bevölkerung: Laut einer Forsa-Umfrage fänden es 77 Prozent der Befragten richtig, wenn die Bedingungen für den Bezug von Bürgergeld verschärft würden.

Sabine Leutheusser-Schnarreberger, 72, war Bundesjustizministerin von 1992 bis 1996 und von 2009 bis 2013

Man kann den Umfang von Sozialleistungen kontrovers diskutieren, aber nicht leugnen, dass ein leistungsorientiertes Prinzip des Förderns und Forderns großen Rückhalt in der Bevölkerung hat.

Aufseiten der Unternehmen bereiten hohe Strompreise, die überbordende Bürokratie und die marode Infrastruktur Sorgen. Diese Probleme sind nicht neu und größtenteils durch Versäumnisse der fr

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