„Es zeigt sich, wie sehr sich die FDP in der Defensive fühlt“

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Die Liberalen vergiften die Stimmung in der Ampel. Sozialstaat? Zu teuer. Wirtschaft? Vernachlässigt. Parteienforscher Jürgen Falter über die Motivlage

Die FDP hat einen 12-Punkte-Plan für eine „Wirtschaftswende“ in Deutschland vorgelegt. Was möchte die Partei damit bezwecken?

Der Plan hat zwei Zielrichtungen. Die eine geht nach innen, also an die eigene Partei. Schließlich ist an diesem Wochenende FDP-Parteitag. Es geht darum, Stärke zu zeigen und Kritiker in der Partei zu beruhigen, indem man wieder stärker auf Wirtschaftsthemen setzt. Die andere Zielrichtung zeigt nach außen. Es sind sechs Wochen bis zur Europawahl. Die FDP steht miserabel da. Sie wendet sich an potenzielle Anhänger und sagt: Wir haben nicht vergessen, wofür wir eigentlich stehen, auch wenn wir in der Koalition dauernd Kompromisse schließen müssen.

Regeln beim Bürgergeld, das Ende der Rente mit 63, der Wegfall des Solidaritätszuschlags: Der Plan ist Sprengstoff für die Ampel. Forciert die FDP bewusst das Ende der Koalition?

Das glaube ich nicht. Alle drei Ampel-Parteien haben kaum eine Alternative zur weiteren Zusammenarbeit. Sie stehen in den Umfragen so schlecht da, dass keine von ihnen sich etwas von Neuwahlen erhoffen kann. Aber bei der FDP könnte man vermuten, dass sie für den schlimmsten Fall vorsorgt. Falls die Ampel doch platzt, möchte sie zeigen: Wir haben Vorschläge gemacht, aber die anderen sind nicht darauf eingegangen. Die Sorge, dass wir wirtschaftlich weiter zurückfallen, ist sicherlich auch ein Grund für das Papier. Man sollte der FDP nicht nur parteistrategische Motive unterstellen.

Christian Lindner sagte diese Woche: „Ich mache nicht Koalitionsspielchen.“ Sie glauben ihm also?

Ja. Er möchte aktuell nicht aus der Koalition raus, schafft aber eine Grundlage für ein mögliches Ampel-Aus.

Bei welchen Forderungen besteht die realistische Chance, dass die Koalition sie gemeinsam umgesetzt?

Da gibt es durchaus einige: das Bürokratieabbaugesetz zum Beispiel. Das könnte die FDP auf jeden Fall durchsetzen. Bei der Rente mit 63 und dem Bürgergeld sind zumindest symbolische Anpassungen denkbar.

Dafür müssten SPD und Grüne aber harte Kompromisse eingehen …

Ja, eine schwierige Situation. Dass ein solches Papier herauskommt, belegt, wie schlecht es um die Ampel steht. Es zeigt, wie sehr sich die FDP in der Defensive fühlt und deswegen in die Offensive geht. Die anstehend

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