„Wenn wir so weitermachen, zerfällt die Ukraine und Millionen werden zur Flucht gezwungen“

9 min lesen

Er ist einer der profiliertesten Verteidigungspolitiker der CDU. Im Gespräch mit FOCUS benennt Roderich Kiesewetter auch Fehler der eigenen Partei und warnt davor, Putin zu unterschätzen 

Mit seinen vehementen Forderungen nach mehr und weiter reichenden Waffen für die Ukraine polarisiert der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter. Die einen werfen dem Außenpolitiker „Kriegstreiberei“ vor, andere betonen, dass der Oberst a. D. im Generalstabsdienst der Bundeswehr mit militärischen Erfahrungen im Ausland genau wisse, worauf es nun ankommt. Auch in seiner Partei gibt es Kritik an ihm. Gerade im Osten, wo drei Landtagswahlen anstehen, weisen die Kandidaten seine Positionen zurück – mit Blick auf die weit russlandfreundlichere Stimmung als im Westen. Im Gespräch mit FOCUS dreht Kiesewetter den Spieß um und fordert mehr „Weitsicht“ von seinen wahlkämpfenden Parteifreunden.

Herr Kiesewetter, Sie sind für eine deutlich stärkere Unterstützung der Ukraine mit schwereren Waffen. Bringen die wirklich Frieden?

Das überfallene Land muss bewaffnet sein, damit Frieden in Freiheit und Selbstbestimmung wirksam erreichbar sind. Erst die Bewaffnung lässt einen Aggressor zurückschrecken.

Wie verträgt sich das mit dem christlichen Menschenbild der CDU?

Sehr gut. Christ sein heißt nicht, das Opfer sich selbst zu überlassen, sondern Verantwortung zu übernehmen. Wenn der Einzelne sagt, ich bin bereit, in Pein und Tortur zu kämpfen, ist das die selbstständige Entscheidung des Individuums. Aber es ist nicht christlich, ein ganzes Land zu opfern und den russischen Kriegsverbrechen und dem Genozid zu überlassen. Christlich ist auch nicht, den Angegriffenen aufzufordern, die weiße Fahne zu hissen – aber der Papst ist ja zurückgerudert. Der christliche Glaube setzt auch darauf, dass der Einzelne gemäß dem christlichen Menschenbild in der Lage ist, seinen Nächsten zu verteidigen und zu schützen.

Heimatbesuch Während der Ostertage war Roderich Kiesewetter in seinem Wahlkreis in Aalen-Heidenheim
FOTO VON JASPER WALTER BASTIAN

Wie sind die Reaktionen, wenn Sie im Wahlkreis unterwegs sind? Einige Ihrer Positionen sind auch unter Unionswählern umstritten – Taurus findet bei denen keine Mehrheit.

Es sind nicht alle damit einverstanden, wenn ich sage, dass man die Ukraine befähigen muss, mehr gegen militärische Ziele auf russischem Boden zu tun, um auch Entlastung im eigenen Land zu haben, weil es Russland zwingt, Verteidigung nach hinten zu verlegen. Aber die Leute verstehen, dass über 80 Prozent der Versorgungswege über die Krim verlaufen und zahlreiche Angriffe von dort gefahren werden und dass man natürlich mit Taurus und anderen weitreichenden Mitteln die Versorgungswege abtrennen kann, damit die K

Dieser Artikel ist erschienen in...