Er fehlt und er wird vermisst. Schon heute

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Am Montag erscheinen posthum die Erinnerungen von Wolfgang Schäuble. Sein langjähriger Wegbegleiter und Ministerkollege, der ehemalige Kanzleramtsminister Peter Altmaier, schreibt im FOCUS persönliche Gedanken an einen großen Staatsmann

Wolfgang Schäuble starb am 26. Dezember 2023 im Alter von 81 Jahren in Offenburg
Foto: Peter Rigaud/laif

Als Wolfgang Schäuble starb, empfand ich große Dankbarkeit für seine Lebensleistung und zugleich das Gefühl großer Leere: Mit ihm hatten wir auch ein Stück unseres politischen Lebens in mehr als 50 Jahren verloren. So lange hat er Deutschland mitgestaltet und manchmal auch gerockt. Länger als jeder andere. Meist versöhnlich und zusammenführend, oft visionär, bisweilen auch mit intellektueller Schärfe und polarisierend, wenn es ihm richtig erschien. Ohne ihn lief seit Jahrzehnten in Bonn und Berlin fast nichts. Das gab vielen Menschen Sicherheit und Vertrauen, und jedes Kind wusste, wer er war. Niemand, der in der Politik etwas bewegen wollte, kam an ihm vorbei. Wolfgang Schäuble wurde bewundert, verehrt und gefürchtet, bisweilen war er umstritten, aber alle haben ihn respektiert, auch und gerade seine politischen Gegner. Am 7. November 2023 durfte ich bei einer Veranstaltung in Berlin noch einmal neben ihm sitzen und ahnte nicht, dass es ein Abschied war. Er war aufgeräumt und aufmerksam wie immer. Sieben Wochen später war er tot.

Meine Erinnerung an Wolfgang Schäuble reicht in die 80er Jahre, als die Regierung von Helmut Kohl in ihrer ersten großen Krise war: Als „Retter in der Not“ übernahm Wolfgang Schäuble das Amt des „Kanzleramtsministers“ und sorgte mit unendlichem Fleiß und einer gehörigen Portion Härte für Berechenbarkeit und Verlässlichkeit in Koalition und Regierung. Wer zu ihm musste, war oft schon Stunden vorher unruhig und nervös. Und dennoch galt er danach als politischer Hoffnungsträger und Troubleshooter, auch und gerade wegen des tragischen Attentats, das ihn in den Rollstuhl zwang. Damals konnte ich nicht ahnen, dass ich Jahre später einmal selbst sein Nachfolger in den Ämtern des Fraktionsgeschäftsführers, des Kanzleramtsministers und sogar – für einige Monate – des Finanzministers sein würde.

Als ich 1994 in den Bundestag gewählt wurde, war ich schon bei der ersten Begegnung, zu der er uns Jüngere einlud, beeindruckt: von seiner Offenheit für neue Ideen und Entwicklungen, weit über Tagespolitik hinaus. Er interessierte sich für die neue Partei der Grünen im Bundestag, weil er wusste, dass sie früher oder später zu einer staatstragenden Partei der Mitte werden mussten. Später hat er die jungen Europa- und Außenpolitiker der Fraktion, zu denen ich gehörte, um sich geschart und gemeinsam mit uns stundenlang über Europa-, Außen- und Entwicklungspolitik diskutiert. Dann rauchte er genüsslich Pfeife und entspannte vo

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