Royale Pflichten

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ESSAY

Das britische Königshaus muss gleich mit zwei Krebsdiagnosen umgehen. Was bedeuten diese Schicksalsschläge für Prinz William und den Fortbestand der Monarchie?

Zurückgezogen William und Kate beim Staatsbesuch des koreanischen Präsidenten in London, November 2023. Es war einer der letzten Auftritte, den die Prinzessin absolvierte
Fotos: REUTERS, dpa, Netflix

Sobald sie eigenständig denken können, werden Mitglieder der britischen Königsfamilie, vor allem potenzielle Thronfolger, auf Pflichterfüllung konditioniert. Das gilt natürlich auch für William. Den Kronprinzen trafen in den vergangenen Wochen gleich zwei Schicksalsschläge, die ihm sein Leben und seine Arbeit erschwerten.

Erst erkrankte sein Vater, König Charles, an Krebs, dann erhielt, wie wir seit vergangenem Freitag wissen, seine Frau Kate eine ähnliche Diagnose. Ich kann mich nicht erinnern, dass sich in Großbritanniens Geschichte ein Kronprinz jemals in einer so beunruhigenden Situation befunden hätte. Jedenfalls nicht in einer Zeit, in der vom ohnehin spärlich besetzten Königshaus so viel erwartet wird.

Seine Ausbildung hat ihn kaum auf eine solche Prüfung vorbereitet. Seit er im Alter von nur 15 Jahren seine Mutter verlor, weiß William mit Trauer in aller Öffentlichkeit umzugehen.

Nun wird allerdings nicht nur von ihm erwartet, stellvertretend für den erkrankten König die Geschäfte der „Firma“ zu führen (natürlich hilft ihm dabei seine Stiefmutter, die Königin), er unterstützt auch Kate und kümmert sich um die drei gemeinsamen Kinder. Ausgerechnet jetzt, wo Kate Fürsorge und Aufmerksamkeit braucht, muss William bei wichtigen Anlässen für seinen Vater einspringen, um die königliche Familie und die Nation zu repräsentieren.

Noch viel mehr dürften ihn aber die zahllosen verstörenden Social-Media-Posts und die zuletzt immer dreistere Berichterstattung gewisser Boulevardmedien belasten.

Alte Pflichten, neue Herausforderungen

Das Gerede begann schon im Februar, als William seine Teilnahme an einem Gedenkgottesdienst für den verstorbenen König Konstantin von Griechenland kurzfristig absagte. Internettrolle und Verschwörungstheoretiker spekulierten über die Hinter-gründe. Auch wenn noch immer kein offizieller Grund für die Absage bekannt ist, können wir nun, da wir von Prinzessin Kates Erkrankung wissen, gewisse Rückschlüsse ziehen. Und uns besser vorstellen, vor welchen Herausforderungen die Familie damals stand und noch stehen wird. Dafür sollten wir alle Verständnis aufbringen.

In seinem berühmten Buch „The English Constitution“ – noch heute eines der Standardwerke zur britischen Monarchie – schrieb Walter Bagehot vor über 150 Jahren: „Eine Familie auf dem Thron ist eine interessante Idee. Was wir stolz Souveränität nennen, holt sie auf die Ebene des einfachen Lebens.“ Das Konzept des Königtums, so Bagehot weiter

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