Wie Putin den Terror nutzt

6 min lesen

Das IS-Massaker bei Moskau war ein Attentat mit Ansage. Die Behörden ignorierten die Warnungen, weil sie gegen imaginäre Feinde kämpfen statt gegen die wirklichen

Das Inferno im Konzerthaus Vor der brennenden Crocus City Hall warten Rettungskräfte auf die Ankunft der Spezialkommandos

Am Freitag vor einer Woche ereignete sich im Konzertsaal Crocus in dem Moskauer Vorort Krasnogorsk ein entsetzlicher Terroranschlag. Bewaffnete drangen in die voll besetzte Halle ein, schossen wild in die Menge, zündeten Granaten und Molotowcocktails und setzten das ganze Gebäude in Brand. Mindestens 139 Menschen starben, darunter drei Kinder, mehr als 180 wurden verletzt.

Kurz darauf bekannte sich der Islamische Staat zu der Tat. Das Bekenntnis gilt als authentisch und glaubwürdig.

Etwas früher an diesem Tag haben die russischen Behörden internationale LGBT-Organisationen als „terroristisch“ eingestuft. Ebenfalls an diesem Tag flog Russland massive Angriffe auf ukrainische Städte. Damit machte Russlands Präsident Wladimir Putin deutlich, wen er als Feind im Visier hat. Doch der Terroranschlag auf die Moskauer Crocus City Hall offenbart, dass seine Sicht der Dinge nichts damit zu tun hat, wer die wirkliche Bedrohung für Russland darstellt.

Russland und der Islamische Staat stehen seit Langem im Konflikt. Spätestens seitdem Moskau 2015 Stellungen des IS in Syrien bombardiert hat. In Afrika kämpfen beide seit Jahren um Territorien und Ressourcen. Es war der IS, der die russische Botschaft in Kabul angriff. Das also sind die eigentlichen Hintergründe des aktuellen Terroranschlags in Moskau. Jedenfalls sind für das Massaker in der Crocus City Hall offensichtlich weder Schwule noch Ukrainer noch andere Lieblingsfeinde Putins verantwortlich.

Kurz vor dem IS-Angriff hat Putin die akute Terrorgefahr bei einem öffentlichen Auftritt als „westliche Provokation“ abgetan. Bereits Anfang März hatten die USA Russland vor einem bevorstehenden Anschlag des Islamischen Staates gewarnt. Die US-Dienste unterliegen dabei dem „duty to warn“-Prinzip. Diese Warnpflicht bedeutet, dass geheimdienstliche Erkenntnisse über die Gefahr von Terroranschlägen immer weitergegeben werden – also auch an Staaten, die als feindlich eingestuft sind. Das war zuletzt etwa bei Russland und auch beim Iran der Fall.

Ground Zero von Moskau Die Trümmer der Konzerthalle erinnern an die New Yorker Twin Towers nach dem Al-Qaida-Anschlag vom 11. September 2001
Fotos: Cao Yang/Xinhua/action press, Vyacheslav Prokofyev/TASS/action press

Drei Tage vor dem Anschlag in der Crocus-Konzerthalle zog es Putin jedoch vor, die USA dafür öffentlich zu verspotten.

Putin inszeniert sich als der starke Mann

Man fragt sich zu Recht, wie in einem Polizeistaat wie Russland ein Terroranschlag überhaupt gelingen kann. Aber solche Regime wie das ru

Dieser Artikel ist erschienen in...