Wir Trot telbürger

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Der schwarze Kanal

Alle reden vom mündigen Bürger, auch die Grünen. Aber das ist nur so dahingesagt. In Wahrheit hält man ihn für ein Mängelwesen, das man vor sich selbst schützen muss

JAN FLEISCHHAUER
Foto: Markus C. Hurek für FOCUS-Magazin

Die Grünen fordern von Brüssel „mehr Mut zur Regulierung”. Das Leitbild des Verbrauchers, der informierte Entscheidungen treffe, sei nicht mehr zeitgemäß, hat die Bundestagsfraktion bei einer Tagung festgestellt. In der digitalen Welt seien alle verletzlich. Deswegen sollte die EU-Kommission eine „Strategie für verletzliche Verbrauchergruppen auflegen”.

Verletzliche Verbraucher: Gibt ein eine schönere Umschreibung für den Gegenentwurf zum eigenverantwortlichen Staatsbürger, der Entscheidungen so trifft, wie er es für richtig hält? Alle reden vom mündigen Bürger, auch bei den Grünen. Aber das ist nur so dahingesagt. In Wahrheit hält man ihn für ein Mängelwesen, das man vor sich selbst schützen muss.

Der Bürger, wie ihn die Politik sieht, isst und trinkt zu viel. Er arbeitet bis zum Burn-out und guckt Fernsehsendungen, die ihn verdummen. Im Supermarkt ist er total aufgeschmissen, weil die Auswahl immer größer wird und er für bare Münze nimmt, was ihm die Werbung sagt. Leider lässt er sich auch politisch alles möglich aufschwatzen, weshalb man ihn meinungsmäßig am besten ebenfalls vor sich selbst schützt. Das falsche Auto fährt er obendrein.

Den Grünen eilt der Ruf voraus, Verbotspartei zu sein. Früher standen sie für zivilen Ungehorsam, für Sit-ins, Straßenprotest und Castor-Blockaden. Wenn sich die Konkurrenz über sie ereiferte, dann über strickende Männer, Kiffen als Entspannungsmittel und das Bekenntnis zu offenen Beziehungen. Heute gelten die Vertreter der Ökopartei als Spaßbremsen, die anderen das Leben vermiesen, indem sie immer neue Verbote ersinnen.

Aber das ist ein Missverständnis. Die Grünen treibt nicht der Verbotswahn, sondern der Glaube, dass man nur genau genug festlegen müsse, was erlaubt sei und was nicht, um schädliches Verhalten zu unterbinden. Sie sind weniger Verbots- als vielmehr Bürokratiepartei.

Verbots- und Regulierungswahn sind verwandt. Der Verbotspolitiker handelt allerdings als Aufseher aus Leidenschaft. Sein Ideal ist eine Gesellschaft, bei der vor jedem Vergnügen die Frage steht, ob es nicht auch ohne geht. Der Regulierer hingegen gleicht eher einem Sozialarbeiter. Sein Ziel ist nicht Einschränkung (die ist eher Folge seines Bemühens), sondern Beistand in allen Lebenslagen.

Wie jeder gute Pädagoge sieht er vor allem die Schwächen der Schutzbefohlenen. Was könnte ihnen nicht alles zustoßen? Wenn die Grünen das Wort Selbstverantwortung hören, dann denken sie an die

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