Der Ruanda-Plan

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RUANDA

Europa will die Migration eindämmen. Kann es tatsächlich eine Lösung sein, Flüchtlinge direkt weiter nach Ostafrika abzuschieben? Die Union plädiert dafür, Teile der Ampel auch. Über eine Diskussion zwischen Zynismus und Hilflosigkeit

In Lebensgefahr Überfüllte Boote, Hoffnung auf ein bisschen Glück in Europa: Allein vergangenes Jahr flohen 257 000 Menschen über das Mittelmeer. 3000 kamen um
Foto: Simone Boccaccio/imago images
Im Angebot Nach einem Treffen im Dezember lehnte Annalena Baerbock einen Migranten-Deal mit Ruandas Staatschef Paul Kagame ab
Fotos: Florian Gaertner/photothek/dpa, Victoria Jones/dpa

Am Übergang bei der Millionenstadt Goma herrscht Chaos. Seit vielen Jahren schon. Kilometerlang schlängelt sich der Stau durchs kongolesische Grenzland. Die Piste ist aufgeweicht. Überall klebt Was roter Schlamm.

Am Grenzposten, wenige Meter weiter, wedeln die Menschen mit Geldbündeln. Alle wollen sie raus aus dem vom Bürgerkrieg zerfressenen Kongo. Hinein ins gelobte Nachbarland: Ruanda. Ein Staat mit asphaltierten Straßen, wenig Kriminalität, vielen Jobs. „Wenn ich dort in der Gegend irgendwo leben wollte, dann in Ruanda“, sagt der Politikwissenschaftler Stephan Klingebiel, der selbst eine Zeit lang in der Hauptstadt Kigali gewohnt hat und heute in Bonn arbeitet.

Für die Flüchtlinge an der Grenze aber bleibt der Schlagbaum meistens unten. Auch das Geld nutzt ihnen nichts. In Ruanda ist Korruption verpönt. Transparency International führt das ostafrikanische Land auf dem 49. Platz des Korruptionsindex – damit steht Ruanda besser da als EU -Mitglieder wie Malta oder Kroatien.

Es sind Statistiken wie diese, die den winzigen Staat zu einem Global Player der Migrationspolitik gemacht haben. Und zu einem der beliebtesten Reiseländer – für Politiker.

Das Gästebuch von Ruandas Diktator Paul Kagame liest sich wie das Who’s who der europäischen Diplomatie: EU- Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Ex -Premier Boris Johnson aus Großbritannien, die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock. Alle waren sie da, um dem autoritären Staatschef ihre Aufwartung zu machen.

Denn für viele europäische Regierungen ist Ruanda inzwischen so etwas wie die letzte Hoffnung im Kampf gegen die stetig wachsenden Flüchtlingszahlen. Ein Symbol für die Suche nach einem neuen und vor allem: schnell umsetzbaren Weg für die Politik, die Migration nach Europa einzudämmen.

Eine Lösung für den Wahlkampf?

Selten haben die verschiedensten Parteien ein solches Zeichen so sehr herbeigesehnt wie in diesem Sommer. Am 9. Juni findet die Europawahl statt, im September folgen drei Landtagswahlen in Ostdeutschland. La

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