„Es besteht die Gefahr, dass die Ukraine verliert“

8 min lesen

DEMOKRATIE

Hier erklärt Grünenchef Omid Nouripour, warum wir mit der Unterstützung Kiews auch unsere eigene Sicherheit verteidigen – und warum der Welt ein Kampf der Systeme droht

Immer in Eile Omid Nouripour im Deutschen Bundestag. Er ist verheiratet und hat einen Sohn
FOTOS VON MARLENA WALDTHAUSEN

Der Grünenpolitiker Omid Nouripour ist in einer schwierigen Doppelrolle. Als Außen- und Sicherheitsexperte setzt er sich für die weitreichende Unterstützung der Ukraine ein. Als Parteichef muss er auch die Koalitionspartner im Blick behalten. In der Debatte um die Lieferung des Marschflugkörpers Taurus sieht man, in welche Nöte das den 48-Jährigen bringt.

Herr Nouripour, Russland – das wird immer klarer – will die europäische Ordnung zerstören. Werden unsere Kinder und Enkelkinder uns eines Tages vorhalten, wir hätten nicht genug getan, unsere Freiheit zu verteidigen?

Ich hoffe nicht, aber die Sorge kennt wohl jeder. Und ja, es besteht die Gefahr, dass die Ukraine verliert. Das wäre für Russland die Rampe, um den nächsten Krieg in Europa zu beginnen. Wir sollten nicht vergessen, dass wir bei der Unterstützung der Ukraine am Ende auch unsere eigene Sicherheit verteidigen.

Gerade der deutsche Marschflugkörper Taurus mit seiner Reichweite und Durchschlagskraft könnte der Ukraine dabei helfen, die Kriegslogistik der Russen empfindlich zu treffen. Die Grünen haben dennoch gegen einen entsprechenden Unionsantrag gestimmt. Das passt nicht zusammen.

Die Union hat den Antrag wiederholt gestellt, die Positionen sind längst ausgetauscht. Das ist eine innenpolitische Spielerei – die der Ernsthaftigkeit der Sache völlig unangemessen ist. Es hilft der Ukraine nicht, wenn der Bundestag nun Signale der deutschen Uneinigkeit sendet. Am Ende haben selbst einige Abgeordnete der Union nicht für diesen Antrag gestimmt, das sagt doch schon einiges.

Die Uneinigkeit auch innerhalb der Koalition ist kaum zu übersehen.

Die Bundesregierung ist sich einig darin, dass es mehr Unterstützung für die Ukraine braucht. Nun ist es nicht neu, dass meine Partei der Ansicht ist, dass Taurus helfen würde. Aber die Ukraine-Unterstützung hängt auch nicht an einem einzelnen Waffensystem. Entscheidend ist, dass wir klar haben, worum es geht: einem demokratischen Nachbarland dabei zu helfen, seine Souveränität und Freiheit gegenüber einem autoritären Aggressor zu verteidigen. Jeden Tag schauen wir aufs Neue, was der Ukraine hilft und stimmen das mit unseren Partnerstaaten ab.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich mehrfach gegen die Lieferung von Taurus ausgesprochen, können Sie seine Argumente nachvollziehen?

Ich verstehe alle Sorgen derjenigen, die jedes Mal abwägen und wollen, dass wir keinen Beitrag zur Entgrenzung des Krieges leisten. Gle

Dieser Artikel ist erschienen in...