„Boeing muss sich zusammenreißen“

3 min lesen

LUFTFAHRT 

Wie blickt die Branche auf den kriselnden US-Hersteller? Tim Clark, Chef von Emirates, kennt die Details

Erfahrener Boss Tim Clark arbeitet seit 39 Jahren für Emirates. 2003 wurde er zum Präsidenten der Airline ernannt

Eigentlich hätte Tim Clark allen Grund zur Freude: In wenigen Wochen wird der britische Emirates-Chef eine makellose Bilanz seiner Airline vorlegen können. Mal wieder. Die Pandemie-Tristesse im Luftverkehr ist vorbei, Emirates möchte den Schwung für neue Rekorde nutzen. Für den Staatskonzern aus Dubai bleibt der 74-jährige „Sir Tim“ ein Erfolgsgarant. Auch in seinem 22. Jahr an der Spitze.

Wenn da nur nicht diese Schreckensnachrichten wären, die den Emiratis gehörig die Stimmung verderben:

Boeing 737-Absturz in China.

Boeing-Maschine verliert Rumpfteil.

Aufseher nehmen Boeing ins Visier.

Boeing kriegt’s nicht hin.

Emirates gehört zu den größten Kunden des US-Flugzeugbauers, der schon seit Monaten in Schwierigkeiten steckt. Allein vom Typ Boeing 777x hat die Fluggesellschaft 150 Stück bestellt. Den geplanten Liefertermin der ersten Maschinen im Herbst 2025 hat das Unternehmen allerdings schon abgeschrieben. Längst ist aus den Problemen des Herstellers eine veritable Krise geworden.

Alles begann mit Softwareproblemen, die 2018 und 2019 zum Absturz zweier Boeing-Flugzeuge führten. 346 Menschen starben, eine Katastrophe für jeden Produzenten – aber erst recht die Abnehmer. Schließlich gehört das Sicherheitsversprechen zum Markenkern.

Entsprechend schnell wechselte Boeing den Vorstand aus und gelobte Besserung. Dass es damit nicht weit her war, wurde im Januar offensichtlich: Kurz nach dem Start einer Alaska-Airlines-Maschine löste sich ein Rumpfteil aus der Bordwand. Wie durch ein Wunder kam niemand zu Schaden. Boeing halte zahlreiche Vorschriften nicht ein, schrieb die US-Aufsichtsbehörde FAA anschließend.

Und so ist Clark schnell auf Betriebstemperatur, als er jüngst in Berlin zum Gespräch bereitstand. „Boeing muss sich zusammenreißen“, sagt er gleich zu Beginn. Es gehe jetzt nicht darum, Geldmittel aufzustocken, um den Konzern vor dem Ruin zu bewahren. „Die Qualitätsprobleme in der Fertigung sollten die ungeteilte Aufmerksamkeit des Vorstands bekommen.“ Ein weiteres Problem, eine weitere Katastrophe könne das Unternehmen „nahezu lahmlegen“. Deshalb auch sein Appell: „Bekommt die Qualität in den Griff!“

Clark ist bekannt für Klartext. Wenn es um Boeing geht, ist er aber längst nicht mehr der Einzige, der zu drastischen Worten greift. Ryanair-Boss Michael O’Leary nannte die Herstellerkrise kürzlich eine „Shitshow“. Bereits im Januar nach dem Kabinenloch-Desaster wetterte Alaska-Airlines-Boss Ben Minicucci, er sei nicht mehr enttäuscht, sondern wütend.

Boeing hat ein systemis

Dieser Artikel ist erschienen in...