NAWALNY
Seit zehn Jahren kämpfen Nadja Tolokonnikowa und ihre Mitstreiterinnen von Pussy Riot gegen das Regime in Russland. Der Tod ihres Freundes Nawalny war ein harter Schlag – der ihr aber nicht die Kraft raubt. Im Gegenteil. Hier schreibt sie, warum
Ich war zu Hause. Ein ganz normaler Morgen. Da kam meine Tochter schluchzend ins Zimmer. Sie konnte mir nicht sagen, was passiert war. Es dauerte einige Minuten, bis sie sich gefangen hatte und die Worte „Nawalny ist tot. Das war’s“ hervorbrachte.
Ich rief nur: „Was meinst du? Das kann doch nicht wahr sein. Wovon redest du? Wo hast du das gelesen?“ Sie weinte weiter, sagte immer wieder: „Nawalny ist tot“. Danach lagen wir stundenlang gemeinsam auf dem Bett und versuchten, diese Nachricht zu verarbeiten.
Ich bin Nadja Tolokonnikowa, die Gründerin des Feministischen Kollektivs Pussy Riot. Ich erinnere mich noch gut an das erste Mal, als ich Nawalny sah.
Es ist ein warmer, sonniger Frühlingstag in Moskau und ich erlebe meinen ersten Protest. Ich bin 16 Jahre alt, schüchtern und verliebe mich in die mutigen Menschen um mich herum. Ich höre, wie sich meine leise Stimme zu den anderen gesellt und laut schreit.
Wir verschränken unsere Arme ineinander und drängen gemeinsam die Polizei von der Straße. Russland könnte frei sein. Das ist ein neues Gefühl für mich. Und da ist er plötzlich: Alexej Nawalny. In den darauf folgenden 17 Jahren habe ich erlebt wie er, mein Freund Alexej, von einem Moskauer Blogger zu eine