Der ungeliebte zweite Akt

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EUROPA

Die Europäische Volkspartei setzt auf Ursula von der Leyen als Spitzenkandidatin. Dabei hadern auch Parteifreunde mit ihr

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Ursula von der Leyen ist Europäerin durch und durch. Bei Brüssel geboren, in Hannover daheim, mehrsprachig aufgewachsen. Als Kommissionspräsidentin ist die 65-Jährige die Regierungschefin der Europäischen Union (EU), Dienstherrin von 32 000 Beamten, Fixpunkt aller 27 Mitgliedstaaten.

Und doch ist es alles andere als selbstverständlich, dass von der Leyen seit dieser Woche den Wahlkampf der Europäischen Volkspartei (EVP) anführt, unter deren Dach sich neben CDU und CSU rund 50 konservative Parteien versammeln. In Bukarest stellte sich die siebenfache Mutter den Delegierten am Donnerstag offiziell als Spitzenkandidatin zur Abstimmung. Bereits am 9. Juni wird in Europa gewählt.

Zu verdanken hat von der Leyen die EVP-Nominierung vor allem dem Mangel an Alternativen: Wenn die CDU-Politikerin nicht Kommissionspräsidentin bleiben sollte, dürften die Grünen nach der Wahl den nächsten deutschen EU-Kommissar bestimmen. So steht es im Koalitionsvertrag der Berliner Ampel. Heißt: Ohne Wahlerfolg für von der Leyen verlieren CDU und CSU ihr europapolitisches Schwergewicht. Ein herber Schlag für die Christdemokraten, die sich längst als die nächsten Kanzlermacher wähnen. Herb genug, um Partei und Spitzenkandidatin miteinander zu versöhnen.

Ziemlich beste Partei-Freunde Friedrich Merz und Ursula von der Leyen begegneten sich bislang eher mit Distanz. Kurz vor der Wahl liegt beiden an einer engen Abstimmung
Fotos: ANDIA/VISUM , Kay Nietfeld/dpa

Sie ist kein Kind der Partei

Ursula von der Leyen und die CDU, das war schon immer mehr Zwangsehe als Liebesheirat. Vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel schätzte die Niedersächsin als Anker im Kabinett. 14 Jahre lang arbeiteten die beiden eng zusammen.

„Sie ist in Europa praktisch auf Merkel-Kurs“, sagt der Politikwissenschaftler Thomas König von der Akademie der Wissenschaften Leopoldina. Im Brüsseler Tagesgeschäft stört das nicht. Von der Leyen schwebt über den Dingen, verhandelt auf Augenhöhe mit Staats- und Regierungschefs. In ihre erste Amtszeit fielen Pandemie und Ukraine-Krieg. „Von der Leyen hat dabei Stärke gezeigt und den Zusammenhalt in der EU gefördert“, sagt Nicolai von Ondarza, der bei der Stiftung Wissenschaft und Politik die Europaabteilung leitet.

Im eigenen Laden allerdings gelten andere Gesetze als auf dem internationalen Parkett. Wer sich in CDU und CSU umhört, der bekommt viel über Ursula von der Leyen erzählt. Über ihren Pragmatismus, ihr Verhandlungsgeschick, ihre Disziplin. Vor allem aber über ihre mangelnde Identifikation mit der eigenen Parteifamilie.

„Obwohl die EVP im Parlament die stärkst

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