Als aus Freunden Likes wurden

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Vor zwanzig Jahren ging Facebook online und revolutionierte das Internet. Mark Zuckerbergs Netzwerk hob Branchen aus den Angeln, befeuerte Bürgerrechtsbewegungen und Umstürze, ebnete Trump den Weg ins Weiße Haus – und machte Zuck selbst unfassbar reich. Dennoch gibt er weiterhin den naiven Jungen, der das Chaos, das er entfesselt hat, nicht wahrhaben will

Vor dem Kongress Meta-Chef Mark Zuckerberg entschuldigte sich während einer Anhörung bei den Familien von Kindern, die auf seinen Plattformen Opfer von sexueller Belästigung wurden und deshalb heute nicht mehr leben
Foto: Stephen Voss/Redux/laif

Keine Woche hätte die Bedeutung von Meta besser veranschaulichen können als die Woche, in der Facebook zwanzig Jahre alt wurde. Sie begann mit einer Anhörung im US-Kongress. Es ging um Online-Kindesmissbrauch. Auch andere Plattform-Chefs saßen im Saal, darunter die von X, Snap und Tik-Tok, aber Mark Zuckerberg nahmen sich die Abgeordneten besonders hart vor. „Ihr Produkt tötet Menschen“, hieß es da, und: „Sie haben Blut an Ihren Händen.“ Der Facebook-Gründer wirkte einmal mehr wie ein Mafiaboss mit versteinerter Miene. Alle einstudierten PR-Sätze nützten nichts mehr: Seine Plattform Instagram schadet Teenagern. Zuckerberg wirkte für einen Moment hilflos und müde. Wenn er nach Jahren der Skandale eines gelernt hatte, dann die Kunst der Entschuldigung. Selten waren sie dem Schaden angemessen: „Ja, tut uns leid. Wir bessern uns.“ Doch diesmal war es anders. Er drehte sich um und blickte in die Augen der Opfer. Die Angehörigen saßen in den Reihen hinter ihm und hielten groß ausgedruckte Fotos der Gesichter hoch. Und plötzlich war da echte Betroffenheit, ein Anflug von Reflexion.

Am Tag darauf verkündete seine Firma Meta neue Geschäftszahlen. Der Umsatz im vierten Quartal war im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent gestiegen, die Profite hatten sich verdreifacht – auch weil Meta ein Viertel seiner Angestellten entlassen und Zuckerberg das „Jahr der Effizienz“ ausgerufen hatte. In den 24 Stunden nach diesem Traumergebnis kletterte der Börsenwert um 197 Milliarden Dollar.

Facebook ist nun zwanzig Jahre alt. Und eines lässt sich zweifelsfrei sagen: Mark Zuckerberg hat die Welt verändert. Wie der Buchdruck oder das Internet. Historisch eben. Über eine Billion Dollar ist sein Konzern inzwischen wert, Zuckerberg selbst ist 160 Milliarden schwer. 60 Unternehmen hat er in der Zeit aufgekauft, darunter Instagram 2012 und WhatsApp 2014. Vor allem mit diesen Produkten erreicht Meta knapp vier Milliarden Menschen, fast die Hälfte der Weltbevölkerung. Damit ist der Gründer mindestens so mächtig wie die römischen Imperatoren, von denen er als Teenager besessen war, nach denen er seine Kinder benannte. Obwohl die Konkurrenz wächst. Besonders TikTok – eine Plattform, die all die negativen Effekte von Instagram sogar

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