Putins neue Macht

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Die USA verweigern der Ukraine große Militärhilfen, Donald Trump stellt erneut die Nato infrage, und die Sanktionen wirken nur bedingt. Ein günstiger Moment, das Blatt im Kampf gegen den Westen zugunsten Russlands zu wenden, glaubt der Kremlchef. Wie groß ist die Bedrohung wirklich?

Wladimir der Große

Foto: Yuri Smityuk/TASS/ddp images

In einem Wahlkampfzentrum von Wladimir Putin in Wladiwostok befestigen Helfer ein übergroßes Porträt des Präsidenten, das ihn jung geblieben und entschlossen zeigt

Momentum Trotz internationalem Haftbefehl: Putin ist nicht isolier t. Im Westen greift Kriegsmüdigkeit um sich. Die Ukraine braucht dringend Geld und Waffen

Wer im vergangenen halben Jahr genau hinhörte, konnte es bemerken: Die Reden des russischen Präsidenten hatten einen anderen Tonfall. Weniger Drohungen und Warnungen gen Westen im Ukraine-Krieg, die hat er meist anderen überlassen. Stattdessen mehr Siegesgewissheit und Gesprächsangebote. Wie vor einigen Tagen, als Wladimir Putin in Tula auftrat, einem der wichtigsten Zentren der Rüstungsindustrie, in dem sein ehemaliger Sicherheitschef Alexej Djumin als Gouverneur das Sagen hat. Ein Besuch unter Freunden, mit ausgewähltem Publikum.

Eingeladen hatte die „Allrussische Volksfront“, eine Art Präsidenten-Wahlverein, auf der Bühne prangte sowjetartig in roten Lettern „Alles für den Sieg“. Putin schwärmte, was das Zeug hielt, lobte neueste Waffen Russlands, die besser als die der Nato seien, „Aufträge über Aufträge“ in den Waffenfabriken, die Einsatzbereitschaft der Beschäftigten, die fast vollständige Erneuerung der strategischen Nuklearstreitkräfte. Das alles sei auch noch problemlos finanziert.

Und so ging es weiter im Interview mit dem amerikanischen Moderator und Trump-Anhänger Tucker Carlson vorige Woche im Kreml. „Alle hatten die Illusion, dass Russland auf dem Schlachtfeld besiegt werden könnte, aus Arroganz oder mangelnder Klugheit“, erklärte Putin. „Jetzt scheint die Erkenntnis durchgedrungen zu sein, dass Russland nicht besiegt werden kann.“ Triumph lag in seiner Stimme. Es war vermutlich eine der für ihn wichtigsten Botschaften des zweistündigen Gesprächs.

Man kann solche Auftritte als gelungene Propagandashows oder Selbstbeschwörung abtun, aber Putin hat zurzeit tatsächlich viele Gründe für Optimismus. Der US-Kongress verweigert bisher dringend benötigte Milliarden für weitere Militärhilfen an die Ukraine. Auch in Europa macht sich Kriegsmüdigkeit bemerkbar. Die vor einem Dreivierteljahr angekündigte ukrainische Gegenoffensive ist gescheitert, die Armee hat massive Personalprobleme. Die USA sind abgelenkt vom Krieg im Nahen Osten.

„Putin sieht im Jahr 2024 ein Zeitfenster, um die Dinge zugunsten Russlands zu wenden“, sagt Tatjana Stanowaja, eine renommierte russische Politologin a

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