Keine Angst vorm Kapitalverzehr

7 min lesen

Haben Sie bereits eine beträchtliche Summe angespart und stehen kurz vor der Rente oder sind bereits im verdienten Ruhestand? Da Ihre Kinder später einmal mit einem guten Finanzpolster ausgestattet werden sollen, sind Sie auf die Methode „Kapitalverzehr vermeiden“ gestoßen. Was ist davon zu halten?

Text: Gerd Kommer und Maximilian Bartosch

Rente

In diesem Beitrag geht es um das Anlageziel „Kapitalverzehr vermeiden“. Eine andere Bezeichnung für dieses Anlageziel ist „Kapitalerhalt sicherstellen“. Oft äußern dieses Ziel Privathaushalte, die auf den Ruhestand zusteuern oder bereits im Ruhestand sind und Entnahmen aus ihrem Wertpapierdepot vornehmen, beispielsweise um damit eine Rentenlücke zu schließen. Die Anlagestrategie soll dann so gestaltet sein, dass es bei einer gegebenen Entnahmehöhe pro Monat oder pro Jahr im Prinzip nie dazu kommt, dass das Kapital unter den Startbetrag sinkt. Wir zeigen, warum und in welcher Weise das Ziel, Kapitalverzehr zu vermeiden (nachfolgend der Kürze halber „KVV“), zahlreiche innere Widersprüche in sich birgt und in der Praxis nicht zuverlässig erzielbar ist – jedenfalls dann nicht, wenn man finanzökonomische Maßstäbe korrekt ansetzt.

Wir werden die inneren Widersprüche von KVV anhand von Minifallstudien um das Jungrentnerehepaar Klara und Kurt ausführen. Es kommen sechs Argumente zur Sprache. Klara und Kurt, beide 65, besitzen gemeinsam ein Wertpapierdepot im Wert von einer Million Euro. Die Eheleute haben beide soeben ihre Berufstätigkeit beendet und planen ihre Lebenshaltungskosten einschließlich Miete für ihre Dreizimmerwohnung in einem schönen Altbau in der Hamburger Innenstadt von nun an aus Renten- und Pensionseinkünften, den Einnahmen aus einem vermieteten Studioapartment sowie ihrem Wertpapierdepot zu finanzieren. In Bezug auf das Wertpapierdepot wünscht das Ehepaar ihrem einzigen Kind, Tochter Katharina, später einmal den jetzigen Depotwert von einer Million Euro zu vererben, sprich Kapitalverzehr zu vermeiden.

Mit einer App im Internet haben Klara und Kurt ihre jeweiligen Restlebenserwartungen mit etwa 25 Jahren berechnet. Statistisch kann Klara davon ausgehen ungefähr 90 Jahre alt zu werden, Kurt 88 Jahre. Um ihren gewohnten Lebensstandard zu halten, wollen die beiden monatlich 3.000 Euro oder jährlich 36.000 Euro aus dem Depot entnehmen. Das kommt einer Entnahmequote von 3,6 Prozent per annum gleich (= 36.000 Euro ÷ 1.000.000 Euro). Die 36.000 Euro sollen im Zeitablauf mit der Inflation steigen, so dass der gewohnte Lebensstandard des Ehepaars langfristig gewahrt bleibt.

Argument 1 – Ka

Dieser Artikel ist erschienen in...

Ähnliche Artikel

Ähnliche Artikel