Das große Geschäft mit dem Kohlenstoff

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KLIMATECHNOLOGIE Auch wenn Fragen offen sind: Deutschland und Europa treiben die Trennung von Kohlendioxid aus Abgasen und ihre unterirdische Speicherung energisch voran. Die Öl- und Gasindustrie ist heiß darauf. Es lockt ein Multimilliardenmarkt von Oliver Ristau

Bohrturm in der Nordsee: Die Ölindustrie wittert in CCS ein Zusatzgeschäft und will CO2 in ausgediente Lagerstätten pumpen
Foto: Thomas Haupt/Westend61/picture alliance/dpa

Letzte Ausfahrt Hirtshals: In der Hafenstadt an der dänischen Nordseeküste endet das festlandeuropäische Autobahnnetz. Von hier geht es nur noch per Landstraße oder Schiff weiter Richtung Norden. Bisher laufen die Geschäfte in der 6.000-Einwohner-Stadt gemächlich. Doch das könnte in ein paar Jahren anders aussehen, wenn jährlich Hunderttausende Tonnen Kohlendioxid (CO2) per Lkw, Schiff oder Pipeline hier anlanden. Ziele sind erschöpfte Öl- und Gaslagerstätten in der Nordsee, wo der Kohlenstoff künftig verpresst werden soll. Zusammen mit der südlich gelegenen Industrie- und Hafenstadt Aalborg will Hirtshals der größte CO2-Umschlagplatz in Nordeuropa werden.

Die Chancen stehen dafür nicht schlecht. Denn kein Land in der EU treibt CCS so stark voran wie Dänemark. Der Begriff CCS steht für Carbon Capture und Storage, also Techniken zum Auffangen und Speichern von Kohlenstoff. Die Dänen wollen zu einem der Hauptzielländer für die Entsorgung des Kli- magases im Untergrund werden. Auch Dänemarks König Frederik hat CCS zur strategischen Frage erklärt. Dänische Lagerstätten könnten 22 Milliarden Tonnen CO2 aufnehmen, rechnet die geologische Gesellschaft GEUS vor. Zum Vergleich: Die EU blies 2021 rund 3,5 Milliarden Tonnen davon in die Luft.

22 Milliarden Tonnen CO2 können dänische Lagerstätten aufnehmen.

Grund für die Euphorie im Staate Dänemark: Der Kohlenstoffmarkt dürfte mit politischem Segen weltweit ein Milliardengeschäft werden. Die EU etwa hat CCS zu einer Schlüsseltechnologie für den Klimaschutz erklärt. Nur mit CCS könne es künftig gelingen, die Emissionen von Treibhausgasen in die Atmosphäre auf null zu drücken. Mit dem Net Zero Industry Act hat die EU den Weg dafür Anfang Februar freigemacht.

Schon 2030 soll die Industrie in Europa in der Lage sein, jährlich 50 Millionen Tonnen CO2 im Unterdruck verschwinden zu lassen. Das entspricht einem Marktwert – gemessen an einem bis dahin erwarteten CO2-Preis im Emissionshandel von mindestens 100 Euro – von rund fünf Milliarden Euro. Dieses Volumen könnte sich in den Dekaden danach jährlich mehr als verzehnfachen, schätzt Brüssel.

Berlin hat Ende Mai mit einem Gesetzentwurf für eine Novelle des Kohlenstoffspeicher-Gesetzes nachgezogen. Dieser sieht neben dem Bau einer CO2-Pipeline durch Deutschland die Möglichkeit vor, das Gas an geeigneten Lagerstätten unter See und unter Land einzuspeichern. Zeitraum des G

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