Wildtiere sind keine Haustiere

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Reportage

Junge Igel, Kaninchen, Entenküken & Co. sind unglaublich niedlich. Dennoch sind es Wildtiere, die nicht in unsere Wohnzimmer gehören, sondern immer in die Freiheit. Also: Finger weg von jungen Wilden!

Ein einsames Feldhasenjunges in eisiger Kälte an einem Feldweg, ein kleines Eichhörnchen, das am Hosenbein hochkrabbelt und um Hilfe bettelt, oder ein Waschbärbaby, dessen Augen noch nicht einmal geöffnet sind – jetzt beginnt wieder die Zeit, wo Vögel brüten und unsere Wildtiere in Wäldern, auf Feldern und in Parks ihre Jungen zur Welt bringen. Und so kommt es auch vor, dass wir dem einen oder anderen Jungtier begegnen. Da sie unglaublich niedlich sind, verleiten sie die Finder oder Passanten dazu, sofort helfen zu wollen. Bei einigen geht die Tierliebe jedoch so weit, dass sie die kleinen plüschigen Tierchen mit nach Hause nehmen, aufpäppeln und als Haustier behalten wollen.

„Es gibt bestimmte Situationen, in denen man helfen sollte“, sagt Christian Erdmann, und er weiß, wovon er spricht. Schließlich hilft er seit mehr als drei Jahrzehnten Wildtieren in Not. Gemeinsam mit seiner Frau Katharina eröffnete er vor 21 Jahren das gemeinnützige Wildtier- und Artenschutzzentrum nördlich von Hamburg. Allein im Jahr 2022 retteten sie und ihr Team insgesamt 2.597 Wildtiere. Eine Arbeit, die ungemein wichtig ist.

Es geht ums Überleben

Wildtiere sind in der heutigen Zivilisation vielfältigen Gefahrenquellen ausgesetzt. Sie kommen durch Autoverkehr, Windkraftanlagen, Stacheldraht, beim Flug gegen Fensterscheiben, Verunreinigung von Gewässern oder durch Hunde und Katzen zu Schaden. Und durch so vielfältig verursachte Unfälle verlieren immer wieder Jungtiere ihre Eltern und werden zu Waisen. Genau um diese kleinen und größeren wilden Zwei- und Vierbeiner, fliegende, krabbelnde und sich windende Kreaturen kümmern sich die Erdmanns gemeinsam mit ihrem Artenschutzteam.

„Rund 90 Prozent der Wildtiere, die in die Wildtierauffangstation gebracht werden, sind aufgrund von zivilisatorischen Gründen in Not geraten“, erklärt der gelernte Zootierpfleger Christian Erdmann, der seit 30 Jahren in der Wildtierpflege tätig ist. „Und wir sehen es daher als unsere moralische Pflicht, unser gesamtes Potenzial zu nutzen, um diesen hilflosen Mitgeschöpfen das Überleben mithilfe fachgerechter Pflege zu ermöglichen“, sagt er. In Not geratene Wildtiere werden so naturnah und artgerecht wie möglich gepflegt und wieder wildbahntauglich gemacht. Das Ganze geschieht mit nur einem Ziel: die Tiere wieder auszuwildern.

Raus aus dem Wohnzimmer Tierpfleger Kai Schuldt von der Wildtierstation mit einem kranken Fuchswelpen
Nicht einmischen Christian Erdmann werden viele Rehkitze gebracht. Doch nicht jedes Tier braucht Hilfe. Kitze sind oft allein anzutreffen, da die Mütter sie mehrmals tä

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