DUMMY
13 December 2021
Jeder Mensch hat einen, manche sogar zwei. Ungewöhnlich, aber möglich sind auch drei (wie bei einer Kolumnistin dieser Ausgabe). Die Rolle der Väter ist in den letzten Jahren vielschichtiger geworden, sie definiert sich nicht mehr nur über Blutsverwandtschaft. Im Gegenteil: In Patchworkfamilien gibt es auch Vizeväter, die eine größere Nähe zum Kind haben können als sein biologischer Erzeuger. Zum Glück sind die Klischees der bösen Stiefeltern Märchen von gestern. Ebenso wie das Bild vom Familienoberhaupt und alleinigen Ernährer. Heute kommen viele Väter nicht erst spätabends nach Hause, wenn die Kinder schon schlafen, sondern kümmern sich – im besten Fall – gleichberechtigt um die Erziehung des Nachwuchses. Das konservative Familienmodell scheint bei vielen jungen Menschen ausgedient zu haben – zumindest theoretisch. Denn auch im Jahr 2020 hat nur jeder vierte Mann Elterngeld bezogen, und während Frauen ihre Berufstätigkeit mehr als vierzehn Monate fürs Kind unterbrechen, sind es bei den Männern nicht mal vier Monate. Trotz eines gesellschaftlichen Stimmungsumschwungs scheint Deutschland in dieser Beziehung ein gerade mal semimodernes Land zu sein. Dazu beigetragen haben seit Jahren konservative Milieus, die die Familienpolitik nutzen, um Veränderung und Aufbruch auszubremsen. Das zeigt sich vor allem im schludrigen Erfüllen des gesetzlichen Anspruchs auf einen Kitaplatz, im Fortbestehen des Ehegattensplittings, aber auch im bigotten Kampf gegen schwule Adoptivfamilien. Spätestens seit den nicht abreißenden Missbrauchsfällen der letzten Jahre sollte das christlich und heterosexuell geprägte Familienmodell ins Wanken geraten. Auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen muss der scheinbar gottgegebene Führungsanspruch – gepaart mit einem jovialen männlichen Auftritt – abgeschafft werden. Noch immer existiert der mittelständische Familienunternehmer, der auch im fortgeschrittenen Alter alles besser weiß und seinen Bedeutungsverlust nicht akzeptieren kann. Oder der Typ Landesvater, der sich in autoritären Staaten wie Ungarn, Türkei oder Russland als Vorstufe zum Diktator geriert. Oder die Spezies „Sugardaddy“, ein älterer Mann, der sich ganz selbstverständlich eine Geliebte leistet, die vom Alter her seine Tochter sein könnte. Die Dominanz dieser Vatertypen ist noch allzu gegenwärtig. Was kann also wichtiger sein, als in einem Magazin mal über das vermeintlich starke Geschlecht zu sinnieren.
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