Heimliche Botschaften der Liebe

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LOVE-STORY

Fast täglich findet Deutschlehrerin Kerstin Messmann in letzter Zeit eine LANGSTIELIGE ROSE in ihrem Arbeitsfach in der Schule vor. Sollte sie etwa einen heimlichen VEREHRER haben …?

Wer von Ihnen kann mir denn nochmal die genauen Lebensdaten Clemens Brentanos nennen?“, fragte Kerstin. Sie wusste, wessen Finger gleich als erster – und vermutlich einziger – in die Höhe schnellen würde.

Sie hatte Recht. Natürlich hatte sie Recht.

„Ja, Robert?“

„Sehr gut“, lobte sie ihn und war froh, dass sie ihre braunen Haare heute mal nicht hochgesteckt, sondern offen gelassen hatte, so dass sie die Ohren verdeckten, die bestimmt längst dunkelrot angelaufen waren.

Genau wie heute Morgen, als sie in ihrem Fach vor dem Lehrerzimmer die tiefrote Baccararose entdeckt hatte. Es war bereits die dritte in Folge. Nur diesmal baumelte daran, mit blassblauem Seidenbändchen befestigt, noch ein zusammengefaltetes Din-A-4-Blatt. Darauf gedruckt, ein Liebesgedicht von Brentano: „Der Spinnerin Nachtlied“. Kerstin Messmann schwante sofort, wer der anonyme Verehrer sein musste.

Und nachdem Robert nun im Unterricht noch ungefragt betonte, wie sehr ihn besonders das Gedicht dieses großen Literaten anrühre, erhärtete sich spätestens jetzt dieser Verdacht in ihr zur Gewissheit.

Die Pausenklingel schrillte, da saß Robert immer noch selig lächelnd auf seinem Platz. Kerstin lobte ihn zerstreut für seinen Fleiß und war zum ersten Mal schneller aus dem Raum geeilt als der Rest ihrer Klasse.

Nein, Robert, nein, das ging nicht, das konnte er nicht tun, er konnte sich doch nicht in sie verliebt haben! Das musste sie unterbinden, bevor er sich lächerlich machte und Hoffnungen in ihm wuchsen, die doch nie erfüllt werden könnten.

„Na, immer noch Brentano?“, fragte sie ihr Mann am Nachmittag über die Schulter, während sich Kerstin daheim für die nächste Stunde vorbereitete. Ohne eine Antwort abzuwarten drückte er seiner Frau einen flüchtigen Kuss auf die Wan- ge und verließ das Haus für seinen Abendkurs. Es tat ihr weh, denn auch in der Schule, in der sie beide unterrichteten, begegneten sie sich ja meistens nur noch auf halbem Weg von einem Klassenraum zum nächsten. Und nun musste sich Helmut auch noch diesen Förderkurs ans Bein binden!

Wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz. Matthäus 6, 21

Ob es wohl anders wäre, wenn er von ihrem hübschen jungen Rosenkavalier wüsste? Das fragte sich Kerstin am nächsten Freitagmorgen auf dem Weg ins Lehrerzimmer und wollte sich schon an dem Gedanken erheitern. Aber da fand sie auch schon die nächste Rose in ihrem Fach: lang, tiefrot, blassblaues Band darum. Und an d

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