Der Geschichte getrotzt

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WINZERGESPRÄCH

Der Rückkauf von Schloss Proschwitz mit seinen historischen Weinbergen nahe Meißen nach der Wende, der Wiederaufbau und die Sanierung des einstigen Familienbesitzes – das ist die abenteuerliche Lebensleistung von Georg Prinz zur Lippe. Der Mann ist Winzer, Unternehmensberater und ein echt zäher Typ

Zum Glück, sagt Georg Prinz zur Lippe, sei er „mit einem geradezu kindlichen Urvertrauen gesegnet“. Ohne dieses hätte wohl ein solch herausforderndes Leben keinen so erfolgreichen Verlauf genommen. Der 66-Jährige Besitzer des Weinguts Schloss Proschwitz bildet die neunte Generation der Adelslinie Lippe-Weißenfeld, die sich 1738 im damaligen Kurfürstentum Sachsen ansiedelte. Der Ursprung des weitverzweigten Hauses Lippe, bis 1918 ein deutsches Hochadelsgeschlecht von europäischem Rang, reicht noch viel weiter zurück, bis ins 12. Jahrhundert. Acht Generationen lang war Schloss Proschwitz am Nordufer der Elbe im Weinbaugebiet Sachsen die Heimat der Ahnen des Winzers gewesen, bis die Geschichte dies ändern sollte. 1943: Beschlagnahmung des Besitzes durch die Nazis. Nach dem Krieg: Enteignung durch die Sowjets. Mit der Wende 1989 geriet Georg Prinz zur Lippe über Nacht in das Durcheinander deutsch-deutscher Umwälzungen – mit einem aberwitzigen Unterfangen und ohne Willkommenskultur. Der Prinz und seine Frau, Prinzessin Alexandra (unter ihrem bürgerlichen Namen Alexandra Gerlach eine Radio- und TV-Journalistin), leben in Proschwitz – aber nicht im prächtig sanierten Barockschloss, sondern in einem Nebengebäude.

DER FEINSCHMECKER: Prinz zur Lippe, Ihre Eltern hatten fünf kleine Kinder, als sie alles verloren: 1943 die Beschlagnahmung des Schlosses, nach dem Krieg entschädigungslose Enteignung durch die Sowjets, Inhaftierung der gesamten Familie und schließlich Ausweisung aus der „Sowjetisch besetzten Zone“. Wie ging die Geschichte weiter?

GEORG PRINZ ZUR LIPPE: Sie waren mittellose Flüchtlinge. All ihre Ausweise und Besitzurkunden waren vor den Augen meines Vaters in einem Metalleimer des Gefängnisses verbrannt worden, es blieb kein einziger Existenzbeweis. In so einer Situation sind Sie im Flüchtlingstreck das Rücklicht vom Rücklicht.

Wie und wovon hat Ihr Vater, Christian Prinz zur Lippe, die Familie ernährt?

Meine Eltern sind nach Franken gezogen, wo sie auf einem Landgut eine Flüchtlingsunterkunft fanden. Mein Vater bekam Arbeit in einem Gärtnereibetrieb. Am Wochenende hat er sich ein Moped geliehen und in den umliegenden Dörfern Pinsel und Farben verkauft. 1952 traf er zufällig Herbert Hoesch, einen engen Freund eines Cousins. Ein Glücksfall, dank ihm machte mein Vater Karriere bis in die Geschäftsführung bei Hoesch Beton in Bischofsheim an der Rhön.

Sie wurden erst 1957 als „Wessi“ und jüngstes von dann sechs Kindern in Schweinfurt geboren. Was bedeutet Ihnen die Ve

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