Die Magische

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GENUSSREISE LISSABON

Lissabon ist mit wechselvoller Geschichte Wandel gewohnt. Eine Dynamik, die auch die Köche in Portugals Hauptstadt beflügelt. Mit Stolz auf die Tradition und die Schätze des Landes bringen sie dessen kulinarische Identität zum Strahlen wie nie zuvor

Blick vom Miradouro da Senhora do Monte, einem ruhigen Aussichtspunkt Lissabons, den man auch mit der Tram erreicht
Fotos Vivi d’Angelo
Tintenfisch mit Orange in der sehr beliebten Tasca „O Velho Eurico“
Zé Paulo Rocha, Küchenchef im „O Velho Eurico“, hat seinen Platz gefunden. Der 26-Jährige bietet einfacheLandesküche, die er zeitgemäß zubereitet
Das „O Velho Eurico“ mit seinem rustikalen Charme steht beispielhaft für die Renaissance von Restaurants, in denen sich die Nachbarschaft trifft
Nebenan läuten K irchenglocken zum Gebet. Wer hier nicht reser viert hat, kann tatsächlich nur noch auf Got tes Hilfe hoffen.
Oben: Kennebec-Kartoffel-Millefeuille mit Desirée-Kartoffelchips und Atlantic-Kartoffelcreme im „Plano“. Links: der Counter-Dining-Tresen im „Brilhante“

Rosa, blau, mal mint und immer wieder kräftig apricot schimmern die Fassaden, wenn das Licht Lissabons sie erfasst. Die mit den berühmten „Azulejos“ – Keramikfliesen – geschmückten Paläste und Häuser leuchten, und der Fluss Tejo fügt dem Farbenspiel sein gleißendes Silber hinzu. Einst machte Julius Cäsar die auf Hügeln erbaute „Colonia Felicitas Julia“ zur westlichen Hauptstadt des Römischen Reichs. Heute schieben sich hier Touristen und Einwohner durch die engen Gassen; Rikschas, Trams, Oldtimer und Elektroautos teilen sich die schmalen Fahrbahnen. Doch trotz der Enge herrscht eine Ruhe und Sanftmut, die erstaunt. Im Vergleich zu London, Paris oder Madrid wirkt sie fast magisch.

Das ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass Portugals Hauptstadt gerade kräftig durchgerüttelt wird. 3000 Jahre wechselvolle Geschichte hat sie auf dem Buckel, ist geprägt von keltischen, phönizischen, griechischen, romanischen, maurischen und germanischen Einflüssen – und heute eine moderne Metropole mit 600 000 Einwohnern aus 92 Nationen. Ihre aktuelle Herausforderung nennt sich Gentrifizierung, sie wird seit Jahren von der Politik gefördert, etwa durch Steuervorteile für ausländische Investoren. Diese Entwicklung und ein Korruptionsskandal in der Regierung des kürzlich zurückgetretenen Premierministers António Costa haben zu Unruhen geführt. Die Wohnungspreise sind seit 2018 um 94 Prozent gestiegen, Lissabon ist eine der teuersten Großstädte Europas – und dennoch eine der spannendsten.

Der „Fado“, dieser volksmusikalische Klagegesang mit all seiner Melancholie, er müsste derzeit eigentlich lauter als sonst in den Tavernen und Res

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