Neues Denken am Kap

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WEINREISE SÜDAFRIKA

Weinreise Südafrika

30 Jahre nach dem Ende der Apartheid hat Südafrika als Weinland zu eigener Identität gefunden

Brookdale Estate liegt in der Region Paarl: Neben feinwürzigen Rotweinen entstehen hier komplexe Chenin Blancs
FOTO: CHARLES RUSSELL

Ein weißes Herrenhaus im kapholländischen Stil, umgeben von sanft welliger Hügellandschaft und perfekt gepflegten Weinbergen. Im Hintergrund erheben sich die Klein-Drakenstein-Berge. Eine Postkartenidylle, typisch für Südafrikas Winelands. Noch nicht ganz so typisch sind Menschen wie Kiara Scott. Die 31-Jährige steht auf der Terrasse von Brookdale Estate in der Anbauregion Paarl und schaut auf ihren Chenin-Blanc-Weinberg, auf das satte junge Grün der Reben: „Als Kind habe ich nicht viel Grün gesehen.“ Seit 2019 ist die junge Frau mit den schwarzen Locken als Kellermeisterin für die Brookdale-Weine verantwortlich. Aufgewachsen ist sie in Mitchells Plain, einer Township im Südosten Kapstadts. „Wein kannte ich nur als Bag-in-Box. Ich hatte keine Ahnung, dass man daraus einen Beruf machen kann.“ Es war ein weiter Weg bis nach Brookdale. Das strikte Wertesystem ihrer Großmutter spielte dabei ebenso eine Rolle wie eine engagierte Chemie-Lehrerin, die ihr den Weg zum Elsenberg Agricultural College in Stellenbosch ebnete, eine der Kaderschmieden der jungen südafrikanischen Weinszene. Heute zählt sie zu den hoffnungsvollsten Talenten am Kap – und ihre Großmutter, die ihr Leben lang keinen Tropfen Alkohol angerührt hatte, trinkt gern mal ein Glas ihres würzigen Mason Road Syrah.

Die Weinszene wird diverser

Auch wenn die Branche nach wie vor weiß dominiert ist – in der jungen Generation wird sie diverser. People of colour finden ihren Platz, als Sommeliers in den Restaurants oder als talentierte junge Winemaker zwischen Swartland, Stellenbosch und Walker Bay. Eine Entwicklung, die unterstützt wird durch Initiativen wie das Mentorenprogramm der Cape Winemaker’s Guild, das gezielt Weinbau-Studenten mit nicht-weißem Hintergrund fördert. Zu den Absolventen zählen viel beachtete Talente wie Rüdger van Wyk (Stark-Condé), Nongcebo Langa (Delheim) oder Banele Vakele (Savage Wines) – sie alle durchliefen das Programm. Auch Kiara Scott verdankt ihren Erfolg dieser Initiative – und der Offenheit des britischen Brookdale-Eigentümers Tim Rudd, der ihr mit gerade mal 27 Jahren die Chance gab, sein damals ganz neues Weingut zu führen. Von den 67 Hektar sind nur 24 mit Reben bepflanzt, der Rest ist mit typisch südafrikanischem Fynbos bewachsen, so nennt man am Kap die heimische Flora.

Die uralten Böden der Region mit Anteilen von Granit, Ton, Quartz und Schiefer nutzt Scott nicht nur für Chenin Blanc und Syrah, sondern besonders gern, um Neuland zu betreten. So bepflanzte sie, inspiriert durch einen Besuch im portugiesischen Dourotal, nach dort

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