Spion im Kanzleramt

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Als Günter Guillaume in die Bundesrepublik geschickt wurde, um dort für die DDR zu spionieren, hätten sich seine Vorgesetzten nicht träumen lassen, dass er Jahre später in Bonn arbeiten würde, als Referent des Bundeskanzlers Willy Brandt (SPD). Nach der Verhaftung Guillaumes war das Entsetzen groß, und Brandt trat zurück.

Es geschah...

Günter Guillaume (rechts) begleitete Bundeskanzler Willy Brandt, wenn dieser in seiner Funktion als SPD-Parteichef unterwegs war. Im Bild: auf Informationsreise durch Niedersachsen – rund zwei Wochen vor Guillaumes Festnahme.
AKG

Bundeskanzler Willy Brandt (1969 –1974) flog am 24. April 1974 nach einem fünftägigen Besuch in Algerien und Ägypten zurück in die Bundesrepublik und landete um ein Uhr mittags in Köln. Die vergangenen Tage waren für Brandt eine willkommene Abwechslung von den innenpolitischen Ärgernissen gewesen, die ihm zunehmend zu schaffen machten, denn auf internationalem Parkett galt er noch immer als Hoffnungsträger. Doch kaum setzte der Sozialdemokrat seinen Fuß auf bundesdeutschen Boden, erreichte ihn eine Hiobsbotschaft, deren Inhalt das frühzeitige Ende seiner Kanzlerschaft herbeiführen sollte. Empfangen wurde der Kanzler von Innenminister Hans-Dietrich Genscher und Kanzleramtschef Horst Grabert. Sie eröffneten ihm, dass sein Parteireferent Günter Guillaume am Morgen von Beamten des BKA verhaftet worden sei. Dieser habe bereits gestanden, den Kanzler im Dienst der DDR ausspioniert zu haben. Es war der Beginn der „Guillaume-Affäre“, welche die Bundesrepublik in den folgenden Wochen in Atem halten sollte.

Günter Guillaume wurde am 1. Februar 1927 in Berlin geboren und wuchs im Arbeiterviertel Prenzlauer Berg auf. Seine Eltern litten schwer unter den sich verschlechternden wirtschaftlichen Verhältnissen. Sein Vater hoffte auf Besserung durch die Nationalsozialisten; er war glücklich, als Hitler an die Macht kam. Sohn Günter ging unterdessen zur Volksschule, wo er sehr gute Noten bekam. Es folgte eine Ausbildung als Fotolaborant und schließlich die Einberufung als Flakhelfer kurz vor Kriegsende.

Sicher ist, dass sich Guillaume nach dem Krieg der pazifistischen „Weltbürgerbewegung“ anschloss und sich innerhalb dieser Bewegung als äußerst umtriebig erwies. So kam er auch in Kontakt mit dem „Groß-Berliner Komitee der Kämpfer für den Frieden“, einer Organisation, die in erster Linie gegen Aufrüstung im Westen protestierte und von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), der dominierenden Kraft der

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