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Die Frage nach den Anfängen der Schweiz

Werner Meyer/Angelo Garovi,Die Wahrheit hinter dem Mythos.Die Entstehung der Schweiz. Nünnerich-Asmus Verlag, Oppenheim am Rhein 2023, 304 Seiten, € 29,–.

„Die Wahrheit hinter dem Mythos“ – das ist eine selbstbewusste Ankündigung für Ereignisse um 1300, für die schriftliche Quellen rar sind. Umso wichtiger sind die Kompetenzen von zwei bewährten Autoren, des Mittelalter-Archäologen Werner Meyer (von Schülern ebenso liebe- wie respektvoll „Burgen-Meyer“ genannt) und des Rechtshistorikers und früheren Staatsarchivars im Kanton Obwalden Angelo Garovi. So liest man mit Gewinn die soliden Kapitel über Burgenbau als Teil der Herrschaftsbildung, die Entstehung von Ob- und Nidwalden als rechtliche Einheiten, eine Studie zum Dorf Alpnach oder literaturwissenschaftliche Ausführungen zu Drachen – und zum „Weißen Buch von Sarnen“, in dem um 1474 der Obwaldner Landschreiber Hans Schriber als Erster seine Dichtung von Wilhelm Tell aufzeichnete. Garovi verweist diese wirkmächtige Erzählung unter die Mythen: Es gab um 1300 keinen „Freiheitskampf“ und „Burgenbruch“, keine Gründung der Eidgenossenschaft und später keinen „Beitritt“ zu ihr. Wenn ein Datum strukturell wichtig war für die kommende Entwicklung, dann das Aussterben der Zähringer im Jahr 1218. Das ist ein zutreffender, aber jeweils etwas apodiktisch vorgebrachter Befund zum Buchthema „Die Entstehung der Schweiz“.

Dazu würden sich manche Leser einen Überblick auf neustem Stand wünschen. Doch anders als der Titel vorgibt, entwickelt hier nicht eine Monographie ein Thema und die dazugehörigen Argumente. Angebracht wäre eher ein Etikett wie „Ausgewählte alte Aufsätze, erweitert um einige jüngere Notizen“. Querverweise auf spätere Kapitel (manchmal drei auf einer Seite) strukturieren die Argumente ebenso ungenügend wie Einschübe in Klammern.

Welcher der beiden Verfasser welche Teilkapitel verfasst hat, errät man oft aus der Bibliographie des Buches, in der sie selbst nicht zu kurz kommen. Dagegen fehlt Literatur aus dem 21. Jahrhundert weitgehend, bis auf einige mittelalterarchäologische Spezialaufsätze. Dies gilt selbst für die zentralen Kapitel, etwa zum Morgarten-Krieg. Die wichtigsten sechs Publikationen, die im Umfeld des 700. Jubiläums von 2015 erschienen, sind in einer einzigen Fußnote erwähnt, aber weder diskutiert noch benutzt. Von den einschlägigen jüngeren Werken Bruno Meiers ist nur eines bibliographiert, aber nicht erörtert.

Unentschuldbar ist, wenn die wichtigste

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