Revolutionär auf dem Korsenthron

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Der aus dem Sauerland stammende Theodor von Neuhoff hatte bereits ein bewegtes Leben hinter sich, als aufständische Korsen ihn 1736 zu ihrem König wählten. Er kam mit visionären Ideen, doch seine Herrschaft auf der Insel dauerte nicht länger als acht Monate.

Ein Sauerländer auf dem korsischen Thron – wenn auch nur für wenige Monate. Die undatierte Darstellung von Johann Jakob Haid belegt, dass der in französischen Diensten geformte frühere Offizier eine Vorstellung von Herrschaft und entsprechender Repräsentation hatte.
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Er kleidete sich sorgsam ein, bevor er von Bord ging. Schlüpfte in den Rock aus rotem Brokat mit Hermelinkragen. Setzte sich nach der Mode der Zeit den federgeschmückten Dreispitz auf die Perücke. Gürtete den spanischen Degen um und zwei türkische Pistolen. Nahm den zierlichen Gehstock mit vergoldetem Knauf zur Hand. So erschien er vor der Menschenmenge, die seit drei Tagen aus den umliegenden Bergen herbeigeströmt war und sich an der Anlegestelle drängte, um ihm zuzujubeln.

Der Auftritt im Hafen von Aleria am 15. März 1736, die anschließende Wahl und Krönung zum König eines unabhängigen Korsika markierten den Erfolgsgipfel in der Biographie des Freiherrn Theodor von Neuhoff. Er hatte allerdings mit seinen damals noch nicht 42 Jahren bereits ein außergewöhnlich buntes und bewegtes Leben hinter sich. Ausgebildet am Hof Ludwigs XIV. in Versailles, hatte er als junger Offizier der französischen Armee mit Bravour im Spanischen Erbfolgekrieg gefochten, war dann jahrelang in konspirativen Zirkeln unterwegs gewesen, schließlich als Wunderheiler durch die Lande getingelt. Auf diese Weise war Neuhoff in ganz Europa herumgekommen, mal in Paris aufgetaucht, dann wieder in London, Madrid, Amsterdam, Antwerpen, Göteborg, Venedig, Rom. Dabei war er ständig verschuldet, öfter auf der Flucht vor seinen Gläubigern, hatte mit Gefängniszellen an unterschiedlichen Orten Bekanntschaft machen müssen. Behörden mehrerer europäischer Staaten hatten ihn zur Fahndung ausgeschrieben.

Neuhoff war ein Kommunikationsvirtuose. Das bezeugten alle, die mit ihm zu tun hatten. Ein enger Freund, der holsteinische Graf Albrecht von Rantzau, schrieb in seinen 1741 erschienenen Memoiren über ihn: „Er spricht sämtliche der kultiviertesten Sprachen Europas fließend, und niemand versteht sich besser darauf, anderen zuzuhören. Seine Ansichten äußert er in einer Weise, die den Zuhörern zwingend einzuleuchten scheint … Er kann sich jeder Gesellschaft anpassen

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