„Ihr werdet für eure Taten büßen“Im September 1944 starbdie aus Polen stammende

11 min lesen

Jüdin Mala Zimetbaum, 26 Jahre alt, in Auschwitz-Birkenau – eines von mehreren Millionen Opfern des nationalsozialistischen Rassenwahns. Aber Mala Zimetbaum leistete in ihrer Funktion als Dolmetscherin des Lagers Widerstand, rettete anderen Frauen das Leben. Protokoll einer weiblichen jüdischen Biographie in mörderischen Zeiten.

Weibliche Häftlinge 1942 bei der Zwangsarbeit in einer Kiesgrube im Stammlager Auschwitz. Im September 1942 wurde Mala Zimetbaum ins Frauenlager Auschwitz-Birkenau deportiert. Wegen ihrer guten Sprachkenntnisse wurde sie bald zur Chefdolmetscherin ernannt. Sie nutzte ihre Möglichkeiten, um Frauen vor dem Tod im Gas zu retten.
BPK

Auf dem Sondergleis der Kaserne Dossin im belgischen Mechelen werden 1048 jüdische Menschen in einen Zug gequetscht – 401 Frauen, 383 Männer, 113 Mädchen, 151 Jungen. Darunter ist Mala Zimetbaum, 24 Jahre alt. Es ist der 15. September 1942, der „Transport X“ steht an. Seit „Transport I“ am 4. August 1942 werden Juden aus Belgien, die sich in der Kaserne melden müssen, angeblich zum „Arbeitseinsatz“, in den Osten transportiert, nach Polen.

15. September 1944: Tausende gefangene jüdische Frauen im Frauenlager Auschwitz-Birkenau müssen am Nachmittag ansehen, wie Mala Zimetbaum von einem SS-Mann auf einen zentralen Platz geführt und ihr Todesurteil von der SS-Lagerleiterin verlesen wird. Mitten in dieser mörderischen Inszenierung schneidet sich Mala Zimetbaum mit einer Rasierklinge ins Handgelenk, schlägt dem SS-Mann ins Gesicht und ruft: „Mörder, ihr werdet bald für eure Taten büßen.“

20. Januar 1918: Im polnischen Städtchen Brzesko, rund 55 Kilometer östlich von Krakau, wird Mala Zimetbaum geboren (außerhalb von Polen wird bisher fälschlich der 26. Januar angegeben; auf ihrer Geburtsurkunde steht das Datum 20. Januar). Ihr Vater Pinkas Zimetbaum und ihre Mutter Chaja Schmalzer, beide 1881 in Brzesko geboren, sind geprägt von einer osteuropäischen Kulturlandschaft – Galizien –, wo die jüdische Mehrheit seit Generationen die Erfahrung macht, dass ihre jüdische Welt- und Lebenssicht von der christlichen Minderheit akzeptiert wird. In Brzesko ist jeden Dienstag Markttag im Zentrum der Stadt. An den Ständen drängen sich jüdische und christliche Menschen zum Kaufen und Verkaufen – ein Ort friedlicher Kommunikation. Fällt ein jüdischer Feiertag auf einen Dienstag, verzichten die Christen ohne Murren auf den Markt.

Ende des 19. Jahrhund

Dieser Artikel ist erschienen in...