Faszinierende Pflanzenwelt der Renaissance

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Das Kräuterbuch des Nürnberger Apothekers Georg Öllinger zählt zu den beeindruckendsten seiner Zeit. Ein Faksimile mit kommentierter Einführung macht das einzigartige Werk nun erstmals zugänglich.

PD Dr. Dominic Olariu

Forschung

Prächtig anzuschauen: Tomatenpflanze „Mala Aurea seu Poma Amoris“ („Goldener Apfel oder Liebesapfel“) in Öllingers Werk.
FAU Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg, (H62/MS 2362)

Niemals zuvor war ein kleiner Pflanzenteil vom Umfang einer Mohnkapsel in Vergrößerung von fast einem halben Meter Höhe in einem Buch dargestellt worden. Was der Nürnberger Apotheker Georg Öllinger (1486/87 –1557) Mitte des 16. Jahrhunderts seinen Zeitgenossen als Kräuterbuch unter dem Titel „Magnarum Medicinae partium herbariae et zoographiae imagines“ vorstellte, war eine in vielerlei Hinsicht gewagte, doch erfolgreiche Novität. Es handelte sich um eine Sammlung von über 600 ganzseitigen, kolorierten Zeichnungen von Pflanzen und einzelnen Tieren.

Viele Pflanzen können in voller Größe bewundert werden

Die Darstellungen waren besonders groß, orientierten sich am natürlichen Aussehen der Gewächse und füllten die Papierblätter im mächtigen sogenannten Königsfolioformat, so dass sie den Löwenanteil der Flora in Naturgröße wiedergaben, hin und wieder auch Vergrößerungen vornehmen konnten. Für einen Teil der Zeichnungen griffen die nur durch ihre Monogramme bekannten Künstler auf die Gewächse im von Öllinger selbst kultivierten Garten zurück. Der zeitgenössische Schweizer Naturforscher Conrad Gessner (1516 –1565) nannte ihn den berühmtesten Garten Nürnbergs und zählte ihn zu den vortrefflichsten im gesamten deutschsprachigen Raum.

Es war die Zeit der sich entwickelnden Pflanzenkunde. Die sogenannten Väter der Botanik, die Deutschen Otto Brunfels (1488–1534), Leonhart Fuchs (1501–1566) und Hieronymus Bock (1498 –1554), hatten kurz zuvor ihre illustrierten Standardwerke im Buchdruck veröffentlicht. Der Italiener Pier Andrea Mattioli (1501–1577) stand unmittelbar vor der Vollendung seiner bebilderten und kommentierten Übersetzung von Dioskurides’ „Materia medica“. Und der bereits erwähnte Gessner bemühte sich, ein noch weitaus umfangreicheres bebildertes Pflanzenbuch zu publizieren. Sie alle waren Ärzte – war doch die Pflanzenkunde damals noch ein Teilbereich der Medizin.

1553 ließ Öllinger vom hochgelehrten Humanisten Samuel Quicchelberg (1529 –1567), der heute für die erste schriftliche

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