MAN WUNDERT SICH

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ÜBER DIE MAROTTEN DER MENSCHEN IST UNSER KOLUMNIST CORNELIUS POLLMER JEDEN MONAT IRRITIERT. DIESMAL FRAGT ER SICH, WIE MAN OHNE FUTTERNEID ÜBERSOMMERN KANN

CORNELIUS POLLMER ist Redakteur im Feuilleton der „Süddeutschen Zeitung“ und empfindet Futterneid manchmal sogar gegenüber sich selbst: Kocht er allein und nach Rezept, dann lieber mit Mengen für angeblich vier Personen als für eine, sicher ist sicher.

FOTO: MIHAJLO CKOVRIC/STOCKSY

als ich neulich mit Freundinnen Pizza machen wollte, brach ein Kleinkrieg los. Der Ofen heizte noch vor, da gab es am Blech schon dicke Umluft. Alle stritten um die Aufteilung der verfügbaren Bodenfläche. Mühsam verhandelten wir Grenzlinien und zogen sie mit Maiskörnern durch unwegsamen Tomatenmatsch. Als eine Freundin sich dann kurz umdrehte um Zwiebeln zu schneiden, schob eine andere ihre sonnengelbe Bahn wieder ein wenig gen Westen. Würde es auffallen? Natürlich fiel es auf. Die Reaktion der Gegenseite war gnadenlos: Ein Wall aus Brokkoli wurde aufgeschüttet und die Sperrzone mit Teriyakisoße unwiderruflich eingenommen.

Was, wenn im Eis der anderen mehr Nüsse sind?

Und das war noch eine milde Form von Futterneid. Richtig sauer werden alle, wenn Geschwister oder Partner*innen Süßes aufteilen müssen. Der beste Deal ist oft der: Eine teilt auf, der andere sucht aus. Echte Profis aber wissen, dass es manchmal selbst damit nicht getan ist. Was, wenn im kleineren Stück Torte ein paar saftige Kirschen sind? Und wer kann beim Blick auf einen Klumpen Eis schon sagen, wo sich die gebrannten Nüsse verstecken und wo es nur so aussieht, weil eine Ader Karamell sich durch die Vanille zieht? Tja, ohne Schürfrechte und Probebohrungen bleibt alles ungewiss, und auf eine Genehmigung dafür kann man in Beziehungen lange warte

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