Ich hab' jetzt a lle Zeit der Welt

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Ich hab' jetzt a lle Zeit der Welt

EGAL WIE VIEL WIR HUSTLEN, IMMER IST DA DAS GEFÜHL, NICHT ALLES ZU SCHAFFEN. MITHILFE EINES PHILOSOPHEN HATTE UNSERE AUTORIN NUN DIE RETTENDE ERKENNTNIS: ZEITMANAGEMENT BRINGT NICHTS. WIR SOLLTEN UNSERE TAGE GANZ ANDERS DENKEN

TEXT: DANIJELA PILIC

WER HAT AN DER UHR GEDREHT?
Die 1916 eingeführte Zeitumstellung ist mal ein Witz gewesen: Der Erfinder Benjamin Franklin schlug schon 132 Jahre vorher im Spaß vor, die Menschen im Sommer früher zu wecken, um Kerzen zu sparen

OOb man selbstständig arbeitet oder angestellt ist, ob im Studium oder in der Ausbildung, beim Schmeißen des Haushalts und selbst ganz ohne Arbeit: Haben wir nicht alle latent das Gefühl, nicht genügend zu erledigen? Im Job scheint ständig Arbeit liegen zu bleiben und türmt sich auf, genauso wie im Leben: die unerledigten Orga-Dinge zu Hause, die vernachlässigten Hobbys, die ungelesenen Bücher. Man wollte doch Französisch lernen, das Schlafzimmer streichen, endlich ausmisten und eigentlich auch mal sechs Monate durch Südamerika reisen. Es scheint, als würde man das ganze Leben lang sagen: „So, die Woche wird’s noch stressig, aber dann!“ Es ist einfach nie genug Zeit da. Oder?

Letztes Jahr habe ich an drei großen Projekten gearbeitet und war dauergestresst, weil ich am Ende der Woche höchstens die Hälfte von dem geschafft habe, was ich mir am Anfang vorgenommen hatte – und das bei regelmäßigen Zwölf-Stunden-Tagen. Ich habe alles versucht, um meine Produktivität zu optimieren und mehr zu schaffen – und auch wenn das kurzzeitig geklappt hat, ließ es mich noch erschöpfter und auch unzufriedener zurück. Und dann öffnete ich Oliver Burkemans „New York Times“-Bestseller „4.000 Wochen: Das Leben ist zu kurz für Zeitmanagement“ – und es machte klick.

AKZEPTIEREN, WAS WIR NICHT ERLEDIGEN KÖNNEN

Das Buch hat mir schon mit seinem Titel den Stress genommen, obwohl oder vielleicht gerade weil dieser schockiert: Wir haben nur 4.000 Wochen auf diesem Planeten, und das auch nur, wenn wir ungefähr 80 werden. Nur 4.000 Wochen! Der britische Autor und Journalist Oliver Burkeman, der über Philosophie und Psychologie schreibt, hat jahrelang selbst alle möglichen Produktivitätsmethoden getestet, bis es auch bei ihm 2014 klick machte. Er wagt (und schafft) einen philosophischen, leicht verständlichen, sehr interessanten Ansatz unserer Sterblichkeit. Und er fragt sich, „ob wir nicht einige Denkweisen über die Zeit entdecken oder wiedererlangen können, die unserer tatsächlichen Situation gerecht werden: der ungeheuren Kürze und den schillernden Möglichkeiten unserer 4.000 Woche

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