DARF ICH DAS NOCH TRAGEN?

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Eben noch unangepasst cool, plötzlich in der Buh-Ecke: Wenn Lieblingsmarken wie Balenciaga gecancelt werden, steht man ratlos vorm Kleiderschrank. Ob man die Teile trotzdem noch anziehen kann und warum der aktuelle Skandal der Mode sogar helfen könnteILLUSTRATIONEN: THE SCISSORHANDS |

TEXT: TAMARA SALATHÉ

TRADITIONSBRUCH
Cristóbal Balenciaga (o. l.) stand für Eleganz und Bewegungsfreiheit (Schwarz-Weiß-Fotos). Die berühmte „City Bag“ (r.) wurde 2001 von Nicolas Ghesquière fürs Label entworfen. Unter Demna Gvasalia (o. r.) wurde der Style des Labels subversiv – bis hin zur BDSM-Bären-Tasche (u. Mitte)
ILLUSTRATIONEN: THE SCISSORHANDS; FOTOS: COURTESY OF BALENCIAGA (1), DDP (1), GETTY IMAGES (5), DANIELBRUNOGRANDL UND YLENIA CUÉLLAR BEIDE BLAUBLUT-EDITION.COM; ICON: SHUTTERSTOCK (1)

eine Freundin von mir besitzt ein paar Balenciaga-Teile: ein T-Shirt mit großem Logo-Print, Sneaker und die unverkennbare „City Bag“. Spätestens nach der Schlagzeile „Balenciaga: Wie Kindesmissbrauch in der Kunst verharmlost wird“ bin ich froh, dass die Sachen nicht mir gehören, und frage mich: Was macht man mit Kleidungsstücken, denen plötzlich ein ekliger Skandal anhaftet?

What happened?

Demna Gvasalia, zum Redaktionsschluss nach wie vor Kreativdirektor des Modelabels, liebt es, zu polarisieren. Indem er etwa unmodischen Alltagsteilen wie Crocs ein Luxus-Makeover verpasst oder Freundin des Hauses Kim Kardashian in einen „Overall“ aus gelbem Klebeband „kleidet“. Doch mit der letzten Weihnachtskampagne hat die Marke die Grenze zur Geschmacklosigkeit überschritten. Dort zu sehen:

Kinder, die Taschen halten, die sich als Teddys in BDSM-Outfits entpuppen. Als wäre das nicht verstörend genug, haben Internetnutzer*innen auf anderen Werbefotos Requisiten entdeckt, die sich als Gerichtsdokumente zum Thema sexuelle Darstellung von Kindern herausstellten. Aufschreie von allen Seiten, Balenciaga entschuldigte sich zunächst mit einer typischen Non-Apology-Floskel, zog die Kampagnen zurück und verklagte die verantwortliche Produktionsfirma des Dokumenten-Skandals und den Set-Designer.

Fleißiges canceln

Weil das alles nicht nach einem echten Schuldbekenntnis aussah, lief das Netz vor Empörung heiß. Unter dem Hashtag #boycottbalenciaga rufen Fashionistas seitdem zum Ächten des Labels auf und filmen sich dabei, wie sie ihre Balenciaga-Klamotten verbrennen. Schließlich meldete sich auch Demna Gvasalia zu Wort, übernahm die Verantwortung und erklärte, dass er mit Kinderhilfsorganisationen in Kontakt treten werde, um einen Beitrag gegen „dieses fur


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