MAN WUNDERT SICH

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ÜBER DIE MAROTTEN DER MENSCHEN IST UNSER KOLUMNIST CORNELIUS POLLMER JEDEN MONAT IRRITIERT. DIESMAL FRAGT ER SICH, OB DIE KLAMOTTEN AUS DER JUGEND WIEDER „FRESH“ SIND ODER MAN EINFACH HÄNGEN GEBLIEBEN IST

CORNELIUS POLLMER Redakteur im Feuilleton der „Süddeutschen Zeitung“, besitzt zwar keine Einzelaktien, hat aber drei extravagante Hosen ganz hinten im Schrank, von denen er hofft, dass ihre große Zeit im Kleiderkreisel noch kommen wird

FOTO: CLIQUE IMAGES/STOCKSY, EVA BAREUTHER

in den Steilhängen von Gjirokastra in Albanien hatte ich am helllichten Tag einmal einen Albtraum meiner eigenen Zukunft. Ein deutscher Rentner kam mir entgegen, beigefarbene Hose, beigefarbenes Shirt, beigefarbene Cap. Von Weitem hatte er ausgesehen wie ein einziger Umriss, ein schlecht gerendertes Hologramm. Es war nicht zu erkennen gewesen: Wo hört die Kleidung auf, wo fängt der Mensch an?

Neu wirkt, was noch älter ist als nur alt

Klar wehre ich mich bei jedem Midseason-Sale tapfer dagegen, vor meiner Zeit zu verblassen und nur noch mit 50 Shades of Beige vor die Tür zu gehen. Aber es wird schwieriger. Ich habe etwa eine knallrote Jacke, die ich sehr mag und zu der mir früher aufrichtig gratuliert wurde. Leute sagten: „Steht dir echt gut.“ Wenn ich heute in derselben Jacke vor dem Spiegel stehe, zehn Jahre später, denke ich, „Junge, bist du hängen geblieben.“ Und das kapiere ich auch deswegen nicht, weil ich manchmal ein noch viel älteres Teil anziehe, das dann schon wieder als fresh durchgeht – nämlich ein hoffnungslos verwaschenes Robbie-Williams-Shirt, das ich mit 15 in der Wuhlheide von einem fliegenden Händler kaufte, bevor wir beide vor der Polizei wegrannten. Meine Verwirrung wird

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