VERLIEBT IN EINEN SCHAM-BOLZEN

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Selbst wenn die Gefühle riesengroß sind, finden wir unsere*n Partner*in manchmal einfach blamabel. Warum wir uns gerade für jene Menschen, die wir lieben, fremdschämen und wie wir die Röte aus dem Gesicht kriegen

TEXT: DANIJELA PILIC Lesezeit 7 Minuten

DINO, OH!
Deshalb tun Peinlichkeiten schon beim Hingucken weh: Wenn wir uns in die Person und Situation hineinversetzen, werden die gleichen Bereiche im Gehirn aktiviert wie beim Nachempfinden körperlicher Schmerzen
FOTO: FABIAN HUGO / 13 PHOTO

drei Wochen nachdem M. und ich uns kennengelernt und Hals über Kopf ineinander verliebt hatten, flogen wir zusammen weg. Es hat sich so ergeben, es hat sich richtig angefühlt. Wir trafen uns pochenden Herzens und brodelnder Lenden am Flughafen und als ich ihn in der Menge vor der Security erblickte, dachte ich plötzlich: „Um Gottes willen. Was für ein Riesenfehler.“ Er hatte nämlich eines dieser Nackenhörnchen dabei. Und zwar nicht nur dabei – es war schon aufgeblasen und baumelte an ihm, und ich empfand plötzlich eine heftige Fremdscham. Alles an ihm war bisher cool gewesen, doch dieses Nackenkissen cancelte, zumindest für diesen Moment, simultan seinen Körperbau, sein Talent für Komplimente und die Tatsache, dass er es ernst mit mir meinte. Ich hätte keinen Blusher gebraucht, so sehr trieb es mir die Schamesröte ins Gesicht.

Die Scham ist eine superinteressante Emotion mit einem breiten Spektrum: teils so stark, dass man sie sogar (ja, genau in Form meiner Gesichtsröte) sehen kann. Scham hat evolutionsbiologisch schließlich auch ihren Sinn: Sie hält gesellschaftliche Normen zusammen, erlaubt es uns, in Gruppen zu leben, und schützt unsere Intimsphäre. Und weil der Mensch ein hochkomplexes Tier ist, gibt es sogar die Möglichkeit, sich nicht nur für sich selbst, sondern für andere Personen zu schämen. Manchmal für Unbekannte, wenn sie etwa im Fernsehen Stuss erzählen oder sich freiwillig zu Idioten machen. Aber am meisten schämen wir uns für jene Menschen fremd, die wir lieben und die uns besonders nahestehen – nämlich für den*die Partner*in.

AB IN DIE SCHAM-OFFENSIVE

Das Wort Fremdschämen wurde 2009 in den Duden aufgenommen, ist also ein recht neues Konzept – und eines, das seit einigen Jahren sogar erforscht wird. Etwa von den beiden promovierten Psychologen Frieder Paulus und Sören Krach an der Uni Lübeck. Sie fassen dessen Auswirkungen so zusammen: Fremdscham konfrontiert uns mit der Frage, wie wir sein wollen und wie nicht, wie wir gesehen werden wollen und wie auf gar keinen Fall. Empfindet man das Image seines*r Partner*in als gefährdet u

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