GEBEN KINDER SINN?

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Irgendwann, freiwillig oder nicht, stehen viele Frauen vor der K-Frage. Autorin Sarah Diehl weiß, wie wir die tickende Uhr abschalten, die die Gesellschaft für uns aufgezogen hat. Wie wir uns vom Narrativ der Bestimmung befreien. Und ergründen, ob wir wirklich Mutter sein wollen

INTERVIEW: LISA FRIEDA COSSHAM

KEIN DEFIZIT Für viele Frauen ist der Ausdruck „kinderlos“ negativ behaftet – ihnen fehle schließlich gar nichts. Stattdessen bezeichnen (und fühlen) sie sich als „kinderfrei“
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d Immer mehr Frauen entscheiden sich gegen das Kinderkriegen und müssen sich dafür rechtfertigen. Vor anderen. Und vor sich selbst. Hartnäckig hält sich das Klischee der Karrieristinnen und Egomaninnen, denen der natürliche Impuls fehle, schwanger zu werden. Kinderlosigkeit wird als ein Manko betrachtet, als etwas, das frau spätestens im Alter bereut. Dabei, sagt Autorin Sarah Diehl, fehlt Menschen ohne Kinder nichts: Sie sind weder glücklicher noch unglücklicher, sie setzen einfach andere Prioritäten. Die Aktivistin setzt sich seit mehr als zehn Jahren für die Selbstbestimmung von Frauen ein und hat die NGO „Ciocia Basia“ gegründet, die polnischen Schwangeren hilft, in Deutschland abzutreiben. 2014 erschien ihr Buch „Die Uhr, die nicht tickt – kinderlos glücklich“. Aufgrund des großen Gesprächsbedarfes bietet Sarah Diehl zusammen mit einer Psychotherapeutin inzwischen auch Seminare an, um Frauen in der Kinderfrage zu unterstützen. Im Interview erklärt sie, wie es gelingen kann, die richtige Entscheidung zu treffen und eine eigene Haltung zu entwickeln.

Frau Diehl, wir finden es zwar in Ordnung, wenn sich Frauen gegen das Kinderkriegen entscheiden, aber heimlich denken viele: Die verpassen etwas Wesentliches. Warum?

Weil bis heute gilt, dass das Kinderkriegen dem Leben einen Sinn verleiht. Kinderlose Frauen scheinen etwas zu versäumen, nur um sich selbst zu kreisen. Dass Frauen ihre Erfüllung darin finden, sich um die Bedürfnisse anderer zu kümmern, ist ein jahrhundertealtes Konzept.

An dem wir bis heute klammern?

Die Frau ist weltweit eine Ressource, dazu da, um den sozialen Kitt herzustellen. Deshalb wird sie in die Mutterschaft gedrängt. Das wird so bleiben, solange Männer da mitmachen.

Warum bringen Kinder nicht den erhofften Sinn ins Leben?

Sie wirken nicht mehr oder weniger sinnstiftend als andere Herausforderungen im Leben, aber der Mythos vom Mutterinstinkt lässt kinderlose Frauen an sich zweifeln. Und das hängt auch mit unserem Frauenbild zusammen: Frauen bekommen einen Wert, weil sie für andere da sind: für das Begehren de

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