WIRD DIE LIEBE LANGWEILIG, WEILT SIE LANGE

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Das Kribbeln schwindet, Routinen kehren ein, die Beziehung wird monoton – und das ist gut so. Denn Dauerverliebtheit ist eigentlich Dauerstress, erklärt ein Experte im Interview und verrät, was tiefe Liebe wirklich ausmacht

TEXT: LISA FRIEDA COSSHAM 6 Min. Lesedauer

ÖDE AN DIE LIEBE
Gemeinsame Routinen, und seien sie so langweilig wie Zähneputzen, geben Sicherheit und Stabilität. Was sich laut einer Studie der Universität Illinois wiederum positiv auf die Beziehung auswirkt
FOTOS: DIMA SIKORSKI/STOCKSY

k Kaum ist der Zauber des Anfangs verflogen, machen wir uns Sorgen um unsere Beziehung: Sollten wir nicht ständig das Bedürfnis haben, uns auszutauschen? Übereinander herzufallen? Ist unsere Liebe am Ende, weil wir uns miteinander langweilen? Im Gegenteil, weiß der Autor und Paartherapeut Holger Kuntze: Nicht die Langeweile ist unser Problem, sondern unsere überzogene Vorstellung von Romantik, an der wir früher oder später scheitern müssen. Im Interview erklärt er, warum ein glückliches Zusammensein nicht nur ohne Schmetterlinge auskommt, sondern ihr Wegflattern sie erst richtig ausmacht, und was wir dennoch dafür tun können, um einander nie ganz aus den Augen zu verlieren.

Herr Kuntze, wenn wir verliebt sind, betrachten wir alles durch eine rosarote Brille und schweben durch den Alltag. Ein Zustand, vor dem Sie warnen. Warum?

Ich habe nichts gegen das Verliebtsein, aber wir müssen es von der Liebe unterscheiden. Das machen die meisten nicht. Sie hoffen, dass die Verliebtheit möglichst lange anhält, und verstehen sie als Ausdruck wahrer, großer Liebe. Das ist ein Irrtum, von dem wir uns befreien sollten.

Was passiert, wenn wir uns verknallen?

Der Körper gerät in einen Dopamin-, Endorphin- und Adrenalinrausch, was aus neurologischer Sicht einem Angstzustand gleichkommt. Verliebte befinden sich in einer viel zu hohen, spontanen Nähe zu einem fremden Menschen. Unsere Stammhirnregion ist in Hochbetrieb, sie übernimmt in Gefahrensituationen die Kontrolle, um unser Überleben zu sichern. Und so kommt es, dass ein Neurologe in einem diagnostischen Verfahren wie der Magnetresonanztherapie einen Angstpatienten kaum von einem Verliebten unterscheiden kann.

Und trotzdem sehnen wir uns nach diesem Zustand.

Ja. Aber würde dieser Adrenalinrausch über Jahre andauern, gingen unsere Gefäße kaputt und wir fielen tot um.

Was unterscheidet diesen Rausch von Liebe?

Liebe ist das, was folgt. Unser Adrenalinspiegel sinkt, dafür steigt unser Serotonin- und Oxytocin-Spiegel. In den meisten Fällen, wenn wir uns als Paar füreinander entscheiden, nimmt die Verliebtheit nach ein

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