Reviews

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REZENSIONEN

NADAV KANDER

Peter Gabriel

I/O

VIRGIN/UNIVERSAL

Vor ganzen 21 Jahren erschien das letzte Peter-Gabriel-Album mit ausschließlich neuen Liedern: Nach UP (2002) folgten zwar vier weitere Releases, die sich jedoch mit bereits vorhandenem Material beschäftigten. Das Cover-Projekt SCRATCH MY BACK 2010, ein Jahr später NEW BLOOD, das eine orchestrale Neueinspielung diverser Tracks bot. 2019 fasste RATED PG dann Gabriels Soundtrack-Titel zusammen. Im selben Jahr erschien FLOTSAM AND JETSAM mit B-Seiten, Remixen und Raritäten. Die Veröffentlichung (wohlgemerkt nicht die Entstehung) des neuen Werks I/O zog sich über zwölf Monate hin, da Gabriel zu jedem Vollmond einen neuen Track digital vorstellte, zu jedem Neumond kam der passende Remix dazu.

Zum Stichtag 1. Dezember wurden nun alle Versionen – je zwölf „Bright-Side-Mixe“ (von Mark „Spike“ Stent) und zwölf „Dark-Side-Mixe“ (von Tchad Blake) – auf CD und Vinyl veröffentlicht. Außerdem gibt es den „In-Side-Mix“ in Dolby Atmos von Hans-Martin Buff und je ein Kunstwerk (Gemälde, Fotografie oder Skulptur) zu jedem Musikstück. Kunstschaffende wie Ai Weiwei, Nick Cave, Ólafur Elíasson, Henry Hudson, Annette Messager, David Moreno und Megan Rooney waren hierbei beteiligt. Der mittlerweile 73-jährige Gabriel hat weder stimmlich noch handwerklich etwas von seinen außergewöhnlichen Fähigkeiten eingebüßt. Noch immer sind seine Texte intelligent, lebenserfahren, tiefsinnig, berührend und wie stets auch philosophisch.

Sie drehen sich um das Universum (›Panopticom‹) und das Verrinnen der Zeit, verbunden mit der Sterblichkeit (›Playing For Time‹) und der zugehörigen Trauer (›And Still‹). Musikalisch unterstützt wurde Gabriel unter anderem von David Rhodes (Gitarre), Tony Levin (Bass), Manu Katché (Drums), Don E. (Keyboards) sowie Brian Eno und Tochter Melanie Gabriel, die als BackgroundSängerin förmlich glänzt. I/O ist eine herausragende Platte, die einen Ausnahmeplatz in der Diskografie Peter Gabriels einnehmen wird und eine intensive Auseinandersetzung mit ihren textlichen sowie visuellen und musikalischen Kunstwerken verdient.

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Alkaline Trio

BLOOD, HAIR AND EYEBALLS

RISE/BMG/WARNER

Mit ihrem mittlerweile zehnten Studiowerk machen die drei Chicago-Punks das, was man von ihnen erwartet: Sie vermengen Naked-Raygun-Gitarrenriffs mit Weezer-Melodien und schreiben dazu Texte, die auch von den Misfits stammen könnten. Alkohol, Langeweile, Tod und Liebeskummer gehören neben Alltagsdämonen zu ihren Lieblingsthemen – stets garniert mit ironischem Witz und augenzwinkernden Metaphern. Die Drums rattern wie eine Singer-Nähmaschine, Sänger und Gitarrist Matt Skiba schüttelt mit großer Dynamik die ultimativen Melodien aus dem Ärmel und Basser Dan Andriano hält das Wall-Of-Sound-Fun

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