Weltrekord für irdisches Sonnenfeuer

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KERNFUSION

Der Fusionsanlage JET gelingt zum Dienstende eine beeindruckende Energieausbeute von 69 Megajoule. Was heißt das für die Forschung der Kernfusion? Wir haben mit einem führenden Plasmaphysiker gesprochen

FOTOS: UK ATOMIC ENERGY AUTHORITY, UKAEA

Das Beste kommt zum Schluss: Ungefähr so haben sich das die Experten vom Joint European Torus, kurz JET, am britischen Forschungszentrum Culham vorgestellt. Ende 2023 ist es ihnen gut fünf Sekunden lang gelungen, ihre Anlage am absoluten Maximum zu fahren und einen neuen Weltrekord für menschengemachtes Sonnenfeuer aufzustellen. Mit einer erzielten Fusionsenergie von insgesamt 69 Megajoule haben sie ihren zwei Jahre alten Rekord nochmals um rund zehn Megajoule übertroffen. CHIP 05/2024_31/03/2024_Readly Dass ausgerechnet JET die Bestmarke

aufgestellt hat, ist keine große Überraschung: Der bislang größte und leistungsfähigste Fusionsreaktor weltweit war 40 Jahre lang in Betrieb. Er wurde immer weiter optimiert und auf den neuesten Stand gebracht. Jetzt müssen andere Anlagen übernehmen, da JET mit der Bestmarke seine Dienste einstellt – trotz eindringlicher Bitten vieler Forscher. Doch auch in der Fusionsforschung sind die Gelder endlich und werden für andere Projekte gebraucht. Der rund 12 Meter hohe und 15 Meter durchmessende Reaktor soll Stück für Stück zurückgebaut werden.

Unter extremen Bedingungen

„Es ist eine außerordentlich schwierige Angelegenheit, eine mehrere Sekunden lange Fusionsreaktion aufrechtzuhalten“, sagt Hartmut Zohm vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching. Der Plasmaphysiker leitet den Bereich Tokamak-Szenario-Forschung. Mehrere seiner Mitarbeiter waren in leitenden Funktionen bei den Versuchen in Culham beteiligt.

Tokamaks sind die gängigsten Fusionsreaktoren. Sowohl JET als auch der in Bau befindliche Demonstrationsreaktor ITER gehören zu diesem Typ. In Garching steht mit der Forschungsanlage „Asdex Upgrade“ ebenfalls ein Tokamak. In Deutschland gibt es noch einen weiteren großen Forschungsreaktor, den „Wendelstein 7-X“ in Greifswald. Er gehört zum Stellarator-Typ (mehr dazu im Kasten über die Reaktorkonzepte auf Seite 40).

„Sowohl Tokamaks als auch Stellaratoren halten das extrem heiße und dünne Plasma mit Hilfe starker Magnetfelder von den Reaktorwänden fern“, so Zohm. Denn jeder Kontakt würde das dünne Plasma sofort stark abkühlen lassen und außerdem auf Dauer die Wände erodieren.

Cutaway Der Joint European Torus (JET) in Culham, UK, war vierzig Jahre lang die führende Tokamak-Fusionsforschungsanlage
Ein Sonnenfeuer auf der Erde Das 100 Millionen Grad heiße Plasma während des Rekordversuchs

Alle Arten von Fusionsreaktoren stehen vor dem gleichen Problem: Um die Atomkerne miteinander verschmelzen zu lassen, müssen sie extreme physikalis

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