Jeden Tag Millionen Verdachtsfälle

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BETRUGSBEKÄMPFUNG

In der Finanzbranche geht längst nichts mehr ohne Machine Learning. Dr. Peter Robejsek, Chef von Mastercard Deutschland, erklärt im Interview mit CHIP, wie Algorithmen Betrug wittern – und wo ihre Grenzen liegen

> KI war das Hype-Thema des vergangenen Jahres und steht im Ruf, eine Zeitenwende herbeizuführen. Auch in der Finanzwelt und bei Mastercard?

Wir erleben einen Hype um Generative Künstliche Intelligenz. Bei klassischer KI handelt es sich im Wesentlichen um Mustererkennung. Generative KI ist die Extrapolation und Rekombination von Mustern, was derzeit zum Generieren von Sprachoder Bildinhalten genutzt wird. Wir setzen klassische KI zur Mustererkennung ein, und zwar schon seit vielen Jahren.

> Nach welchen Mustern suchen Sie?

Ein typischer Anwendungsbereich ist die Bekämpfung von Betrug. Je mehr Transaktionen ausgeführt werden, umso mehr Transaktionen sind möglicherweise unzulässig, die haben mutmaßlich einen kriminellen Hintergrund. Die müssen wir erkennen und unterbinden.

> Wie funktioniert das konkret?

Wir wickeln jeden Tag sehr, sehr viele Transaktionen ab. Retrospektiv wissen wir, welche dieser Transaktionen legitim oder nicht legitim gewesen sind. Das leiten wir anhand einer Kombination verschiedener Faktoren ab. Mithilfe von Algorithmen können wir nun auch ein Konfidenzniveau für eine zukünftige Transaktion ableiten – also mit welcher Wahrscheinlichkeit diese legitim oder nicht legitim ist. Und wir betreiben technische Services, die eadly darauf ausgelegt sind, beispielsweise zu

erkennen, wenn eine Transaktion Teil eines Betrügertricks ist.

> Was macht eine Zahlung verdächtig?

Nehmen wir als Beispiel einen populären Betrugsversuch wie den sogenannten Enkeltrick. Oft wird im Nachhinein die entwendete Summe in viele kleine Scheibchen geteilt und über ganz viele Kunden verteilt. So versuchen Betrüger zu verschleiern, wo das Geld herkommt. Nun betreiben wir in Großbritannien zum Beispiel ein System für Echtzeitzahlungen von Konto zu Konto. Wir sind dort in der Lage, bereits vor Auslösung der Transaktion solche verdächtigen Aktivitäten zu erkennen. Diese Informationen geben wir dann an die Bank weiter, die entscheidet, ob sie die Transaktion ausführt oder nicht.

> Wie zuverlässig ist die Erkennung?

Unsere Erfahrungswerte beruhen auf 125 Milliarden Transaktionen, die wir pro Jahr bearbeiten. Anhand dieser Daten lernt unser Algorithmus und kann in 90 Prozent aller Fälle vorhersagen, ob ein Transfer legitim ist oder nicht. Allein im letzten Jahr wurden Transaktionen im Wert von 20 Milliarden Dollar als betrügerisch eingestuft und von uns gestoppt.

> Wie lief die Bekämpfung von solchen Betrugsfällen vor dem Einsatz von künstlicher Intelligenz ab?

Die kreditkartenausgebenden Institute betreiben sog

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