Doppelter Kurstreiber

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DEUTSCHLAND

COVESTRO Die Aussicht auf ein Comeback im operativen Geschäft und Übernahmegerüchte treiben die Aktie des Chemiekonzerns

Chart: BO Data/small charts; Bild: Oliver Berg/picture alliance/dpa

Die Hauptversammlung von Covestro am 17. April dürfte eine eher triste Veranstaltung werden. Der im DAX notierte Konzern hat im vergangenen Jahr unter dem Strich erneut rote Zahlen geschrieben. Eine Dividende soll es nicht geben — die zweite Nullrunde in Serie. „Das Jahr 2023 war eines der schwierigsten für die chemische Industrie in den letzten Jahrzehnten“, erklärte Konzernchef Markus Steilemann bei der Bilanzvorlage und listete die größten Sorgen auf: geopolitische Spannungen, weltweite Konjunkturschwäche, hohe Energiepreise. Vor allem in Deutschland gebe es zudem eine Vielzahl struktureller Probleme.

In der Börsenwelt sind schlechte Nachrichten nicht unbedingt schlecht. Seit die einstige Bayer-Sparte im Herbst 2015 unter dem Kunstnamen Covestro an die Börse gebracht wurde, bewegen sich operativer Gewinn und Aktienkurs in großen Wellen. Covestro gehöre unter den großen Industrieunternehmen zu jenen, die am stärksten vom Wirtschaftszyklus abhängen, betont Berenberg.

Das Reizvolle aus Sicht der Börse: Im aktuellen Zyklus könnte der Tiefpunkt bereits durchschritten sein. Die Prognose des Konzerns zum neuen Jahr sieht den operativen Gewinn (Ebitda) in einer Spanne von 1,0 bis 1,6 Milliarden Euro. Das wäre nach zuletzt 1,1 Milliarden im ungünstigen Szenario ein Rückgang von neun Prozent — im positiven ein Zuwachs von mehr als 45 Prozent. Wenn es zu einer Belebung im zweiten Halbjahr komme, sei das obere Ende der Prognose „durchaus realistisch“, kalkuliert Finanzchef Christian Baier. Gleichwohl rechnet der Vorstand auch für das neue Jahr mit „anhaltend herausfordernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“.

Covestro ist Spezialist für sogenannte Polymerwerkstoffe. Kerngeschäft sind Vorprodukte für Schaumstoffe und den Kunststoff Polycarbonat. Hinzu kommen Vorprodukte für Lacke, Kleb- oder auch Dichtstoffe. Die Kunden kommen insbesondere aus der Automobilindustrie, der Möbel-, Bau- und Elektrobranche. Im Alltag begegnet man Produkten von Covestro etwa bei Autolacken, Computergehäusen oder der Folie von Ausweiskarten.

Der Preis wird heiß

Spekulationen auf ein Comeback der Chemie werden durch einen zweiten Kurstreiber überlagert: Covestro könnte aufgekauft werden. Im September bestätigte der Konzern „ergebnisoffene Gespräche“ mit Adnoc, dem staatlichen Ölkonzern Abu Dhabis. Die Araber wollen ihr Geschäft breiter aufstellen. Covestro wäre als Spezialchemiekonzern eine sinnvolle Ergänzung. Eine Offerte von rund 60 Euro je Aktie stehe im Raum, ist zu hören. Covestro-Chef Steilemann macht zum Inhalt der Gespräche keine konkreten Aussagen, Börsianer aber rechnen bereits mögliche Szenarien durch.

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