Auf dem Mut-Gipfel

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… setzen unsere Grenzen selbst

Ines (50) erklimmt Eisberge, zeltet in Felswänden

Rast am Berg: Hier hat Ines ihr Zelt an einer Felswand in Patagonien (Chile) aufgespannt

An den gefrorenen Wasserfällen, wo der Atem in der kalten Luft gefriert und die Welt ganz still ist – da ist Ines Papert am glücklichsten. Dann hat sie dieses Funkeln in ihren Augen, das jede Kälte überwindet. Und mit dem klar wird, dass sie mehr ist als „nur“ eine abenteuerlustige Bergsteigerin. Ines ist auch ein bisschen jene Stimme, die in vielen von uns flüstert: „Trau dich! Egal, was es ist, pack es an.“

Manchmal reicht es, eine andere Perspektive einzunehmen, um neue Wege zu finden – im Alltag und am Berg!

Angefangen hat alles in ihrer Kindheit im sächsischen Bad Düben. Das liegt gerade mal 75 Meter über dem Meeresspiegel – und ist weit entfernt von der eisbedeckten Welt, die Ines heute beherrscht. „Ich hatte eine total unkomplizierte Kindheit, bin mit Freunden allein durch den Wald gestromert. Da wurde nie gesagt: ‚Pass auf, dass du nicht runterfällst.‘“ Dafür ist sie ihren Eltern bis heute dankbar.

Nach der Schule macht Ines eine Ausbildung zur Physiotherapeutin und geht mit 20 dorthin, wo für sie, wie sie breit lächelnd sagt, Deutschland am schönsten ist: nach Berchtesgaden in Bayern!

Erst erkundet sie die Gegend auf Wanderwegen, dann beginnt sie mit dem Klettern, jeder Kletterzug stärkt ihr Selbstvertrauen. „Obwohl ich eine Späteinsteigerin bin, kamen schnell Erfolge“, erzählt sie schmunzelnd. Es geht steil bergauf: Ines holt in den nächsten Jahren mehrere Weltmeistertitel.

Mit 26 Jahren wird sie Mama, und viele sagen oder denken: „Na, nun hört sie aber wohl mit dem Wahnsinn auf.“ Tut sie nicht. Stattdessen packt sie ihren zwei Wochen alten Neugeborenen warm ein und nimmt ihn im Tragetuch mit in die Berge. „Ich habe es als natürlichste Art empfunden, Emanuel in mein Leben zu integrieren. Vielleicht hört sich das ein Stück weit egoistisch an, aber anders wäre ich nicht glücklich geblieben.“

Immer bei Mama: Sohn Emanuel kam im Tragetuch mit – natürlich nur in sicheres Gelände
Fotos: Rainer Eder, Thomas Senf, privat (2)
Man sollte ausblenden, was andere von einem denken.

Eingehüllt in seinen sicheren Kuschelkokon, beginnt Emanuels Erziehung unter freiem Himmel, wo die Gipfel Lehrbücher sind und der Wind Geschichten flüstert. Sie baden im eiskalten Gebirgsbach, wärmen sich am Lagerfeuer, schlafen in Zelten. Leben ein anderes Leben als die meisten Nachbarn in ihrem bayerischen Wohnort. Dort sind die Rollen noch ziemlich klassisch verteilt.

„Ich war nicht gegen den Strich, um jemandem etwas zu beweisen“, sagt die Alleinerziehende, „sondern weil es mein Weg war.“ Lächelnd schiebt sie hinterher: „Auch wenn ich den einen oder anderen Elternabend verpasst habe