Sprungins Nichts

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Was denkbar ist, ist machbar: So lautete die Maxime im Alpinismus der 1960er-Jahre. Prompt ging es mit Ski über steile Eisflanken, mit Bohrhaken durch glatte Wände – und per Fallschirm vom Gipfel.

Text:Uli Auffermann

Lothar Brandler kletterte die Rotwand einst hoch, Weitzenböck sprang runter.

Der Rosengarten in den Dolomiten, Juni 1966. Oben, am Gipfel der Rotwand, steht ein Mann direkt an der Kante, unmittelbar über der 400 Meter steil abfallenden Südwestwand. Mehrmals wendet er sich vom Abgrund weg, kehrt zurück, richtet wieder und wieder den Blick in die Tiefe. Ein Selbstmörder? Sein Rucksack und ein Helm sprechen dagegen. Oder doch? Plötzlich springt er in die Tiefe, stößt sich regelrecht von der Gipfelkante weg. Ein entsetzlicher Augenblick. Man will sich abwenden, um nicht Zeuge dieses fürchterlichen Unglücks zu werden, als der freie Fall des dunklen Körpers vor der hell leuchtenden Dolomitenwand abgebremst wird. Von einem Fallschirm.

An ihm hängt Wolfgang Weitzenböck, Psychologe, exzellenter Kletterer, Skilehrer und Bergretter. Und wagemutiger Fallschirmspringer. Die ganze Aktion sollte der Abschluss für den Film »Sensation Alpen« sein, inszeniert und gedreht von Bergfilmer Lothar Brandler. Werner Bittner, einer der Wintererstbegeher der Matterhorn-Nordwand und Seilpartner von Daisy Voog, der 1964 mit ihm die erste Frauendurchsteigung der Eiger-Nordwand gelang, war als Fotograf zugegen. Er erinnert sich: »Weitzenböck ist nicht so weit rausgesprungen wie gedacht und unten ziemlich hart in die Steine gekracht, da das Bremsen durch den kurzen Flug nicht so gut geklappt hat. Die größte Gefahr war, dass er in dem Moment, wenn sich der Schirm öffnet, in die falsche Richtung fliegt, also zur Wand hin.«

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