Vom Wert des Helfens

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Dass Egoismus am Berg seine Grenzen hat und Helfen immer ein Gewinn ist, zeigen bewegende Beispiele aus der Alpingeschichte.

Text:Uli Auffermann

Die Tragödie am Frêney-Pfeiler ereignete sich im Sommer 1961. Sie gilt als eine der bekanntesten Bergtragödien und ist später verfilmt worden. Hier ein Bild aus dem Film von Lothar Brandler, der das Drama hautnah widerspiegelte.

Verstörende Bilder vom Drama am K2 in diesem Sommer. Zahlreiche Bergsteiger wollten anscheinend auf den Gipfel nicht verzichten und stiegen an einem sterbenden pakistanischen Träger vorbei. Dabei wäre es kein Verzicht gewesen, denn Helfen und Beistehen sind nicht nur altruistische Handlungen. Sie sind immer auch ein Gewinn für alle Beteiligten. Die alpine Geschichte kennt viele Beispiele.

»Ich werde mir ohne Zweifel die Füße erfrieren. Einen Augenblick lang bedrückt mich, was mir da auferlegt wird. Das Opfer, das ich bringen will, erscheint mir schrecklicher als der Tod. Und doch fühle ich, dass es meine Pflicht ist.« Nachdem die Franzosen Maurice Herzog und Louis Lachenal den Gipfel der Annapurna und damit den ersten Achttausender überhaupt erreicht hatten, trafen sie von Erfrierungen und Erschöpfung gezeichnet im Abstieg auf Lionel Terray, der wie Gaston Rébuffat auf die beiden gewartet hatte. Damit Lachenal mit erfrorenen Füßen irgendwie weiterkonnte, gab ihm Terray seine eigenen Schuhe, während er selbst die für ihn zu kleinen, aufgeschnittenen des Freundes tragen musste. Bei Schneesturm und Lawinengefahr gingen Terray und Rébuffat, fast schneeblind, weit über ihre Grenzen. Am Ende erreichten alle lebend das Basislager.

Ist der Mensch ein helfendes Wesen?

Beeindruckend, wie die Franzosen 1950 einander beistanden. Umso fassungsloser machen die Geschehnisse am K2 Ende Juli 2023. Aufnahmen einer Drohne zeigen das Unvorstellbare – viele Bergsteiger wollen zum Gipfel, überlassen den um sein Leben ringenden Hochträger sich selbst. Dabei gehört es doch eigentlich zur DNA eines Alpinisten, anderen in der Not beizustehen. Ehrgeiz und Konkurrenz weichen dem Mitgefühl und dem Willen, etwas zu tun. Aus der Ferne die Geschehnisse im Einzelnen beurteilen zu wollen, wäre vermessen. Doch im oben genannten Sinne wäre ganz bestimmt viel mehr möglich gewesen. Was am K2 passierte, scheint tiefer zu gehen. Denn es kann keinen Zweifel daran geben, dass der Mensch in seiner Grundausrichtung ein helfendes Wesen ist. Schon deshalb, weil er ansonsten als Spezies gar nicht hätte überleben können.

Dass es auch im

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