Die Überflieger

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Als Bergsteiger teilt man sich den Gipfel häufig mit Alpendohlen. Christiane Böhm, viele Jahre Vogelkuratorin im Innsbrucker Alpenzoo, kennt die Rabenvögel sehr gut.

Text:Günter Kast

Kürzlich am Gipfel des Großen Solstein hoch über dem Inntal: Sohn zum Vater: »Schau mal, eine Krähe.« Vater zum Sohn: »Das ist ein Rabe.« Knapp daneben lagen beide. Denn was da mit akrobatischen Flugmanövern um das Gipfelkreuz zirkelte, war eine Alpendohle. So schnell, wie sie gekommen war, war sie auch wieder weg. Im Sturzflug erreichen die Vögel Geschwindigkeiten von bis zu 200 Stundenkilometern. Im Volksmund heißen sie deshalb »Schneetacha« oder »Bergjauchzer«.

Wie aber erkennt man sie? »Sieht man in den Kalkalpen oberhalb der Baumgrenze einen schwarzen Vogel, der größer als eine Amsel ist, handelt es sich entweder um eine Alpendohle, eine Rabenkrähe oder einen Kolkraben«, erklärt Christiane Böhm, viele Jahre Vogelkuratorin im Innsbrucker Alpenzoo. »Alpendohlen sind deutlich kleiner und zarter gebaut. Sie haben auch rundere Flügel als die beiden anderen Arten«, ergänzt sie. Der gelbe, leicht nach unten gebogene Schnabel sowie die orangefarbenen Beine seien ebenfalls ein gutes Unterscheidungsmerkmal. Sind die Tiere weiter entfernt, könne man sie an ihrem ziemlich markanten Ruf, einem hohen »Tschak«, erkennen.

Nun könnte man meinen, dass die Dohlen deshalb so häufig auf Hüttenterrassen und Gipfeln auftauchen, weil sie ein Interesse am Menschen hätten. Die Fachfrau widerspricht da vehement: »Die Neugier der Dohlen konzentriert sich auf die Brotzeit. Sie wissen, dass viele am Gipfel eine Pause machen. Da geht es rein ums Fressen und nicht um persönliche Sympathie.« Soll, darf man die fliegenden Bergfexe denn füttern? Fakt ist: In ihrem alpinen Lebensraum ist das Angebot an Nahrung knapp. Die Dohlen sind deshalb wenig wählerische Gemischtköstler und fressen so ziemlich alles, was ihnen vor den Schnabel kommt. »Wenn sie Wanderern bei der Rast begegnen, haben sie es vor allem auf Wurst und Käse abgesehen«, weiß Böhm. »Wer sie füttern möchte, sollte darauf achten, dass die Gaben nicht salzhaltig sind.«

Intelligente Schwindler

Wer solche Leckereien im Rucksack hat, darf damit rechnen, als potenzieller »Futterlieferant« erkannt zu werden, wenn er das nächste Mal am Gipfel rastet. Alpendohlen sind nämlich ganz schön schlau. »Sie haben sogar ein Ich-Bewusstsein«, erklärt die Forscherin, »was in der Tierwelt als Zeichen für besondere Intelligenz gilt.« Eine Studie des Alpenzoos w

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