Von Königen und Skeletten

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Historischen Ereignissen auf der Spur. Zehn Touren im nördlichen Alpenraum zwischen München und Salzburg, die etwas zu erzählen haben. Eine Zeitreise zwischen den Berchtesgadener und den Ammergauer Alpen

Text: Andreas Gruhle

Die kleine Kapelle am Gipfel des Brünnstein mit Ausblick zum nahen Kaisergebirge und weit in die Alpen
FOTO: LOOKPHOTOS/ANDREAS STRAUSS

Der Bergmaier, ein einfacher Wegebauer aus dem Tegernseer Tal, kehrte einst im Sommer 1897 von seinem Tagwerk am Fuß des Riederstein zurück. Die 500 Stufen, die auf den Gipfel und zur kleinen Kapelle dort führen, sollten erneuert werden. Eine schweißtreibende und mühevolle Arbeit, die einer guten Stärkung bedarf, die sich der Bergmaier schließlich im Tegernseer Bräustüberl gönnte. Nachdem er seine erste Maß Bier am Stammtisch zügig und ohne ein Wort zu verlieren getrunken hatte, sagte er beiläufig zu seinen Stammtischbrüdern: »I hob´n Schittler Hartl von St. Quirin gfundn!« Fast 40 Jahre galt der als verschollen, nachdem er von einer Jagd nicht zurückgekommen war. Und so zweifelten die Kameraden an, was der Bergmaier da von sich gab. »Megts´n seng? I hob´n dabei«, entgegnete der humorlos, griff zu seinem Rucksack, aus dem er Knochen um Knochen und zuletzt den Schädel herausholte und auf dem Stammtisch drapierte.

Die Berge sind voll mit Geschichten dieser Art. Fesselnd und faszinierend. Manchmal komisch und skurril. Ab und an vergessen und irgendwo wieder ausgekramt. Oft genug aber auch tragisch, so wie das Beispiel um den Schittler Hartl, dessen Verschwinden erst 36 Jahre später geklärt werden konnte.

Königliche Geschichten

Allein die bayerischen Könige sind immer für eine spannende Geschichte gut. Nicht zuletzt waren die Bayerischen Alpen der liebste Zufluchtsort von König Ludwig II., der sich nicht nur die prunkvollen Schlösser Neuschwanstein, Herrenchiemsee und Linderhof inmitten der Berge oder zumindest in deren Sichtweite erbauen ließ – und hierbei auf neueste Technik setzte –, sondern der auch seine stillen Zufluchtsorte liebte. Sei es das Königshaus am Schachen unmittelbar vor der furchteinflößenden Wettersteinwand auf 1866 Metern Höhe oder die ganz einfache Schutzhütte am Altlacher Hochkopf oberhalb des Walchensees, in der er gern seinen Geburtstag verbrachte und wohin er seinen Lieblingskomponisten Richard Wagner einlud, der hier oben an seinem Ring des Nibelungen schreiben sollte, es vor lauter Anstrengung ob des Aufstiegs und einer aufkeimenden Erkältung letztlich kaum schaffte