Abschied vom Allgäuer Eis

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Der Schwarzmilzferner ist der letzte Gletscher in den Allgäuer Alpen. Er ist in den vergangenen Jahrzehnten so sehr geschrumpft, dass es ihn bald nicht mehr geben wird. Ein Besuch am Sterbebett

Text: Mareike Busch Mareike Busch wollte den Schwarzmilzferner sehen, bevor er verschwindet. Im Oktober will sie ihn wieder besuchen, um zu erfahren, ob noch Schnee übrig ist.

Das Schneefeld ist um einiges größer als der Gletscher selbst, der sich darunter versteckt (unten). Zwischen 2000 (links oben) und 2022 (rechts oben) hat dieser sich stark verändert: Die Fläche ist von 8,1 auf 2,3 Hektar zurückgegangen, die Höhe um etwa 23 Meter.
FOTOS: MAREIKE BUSCH, ASTRID LAMBRECHT (2)

Dieses Jahr im Juli konnte einem das dünne Gletschereis unter den Füßen fast entgehen. Von Westen oder Osten über den Höhenweg unterhalb des Allgäuer Hauptkamms kommend, öffnet sich unter den Felsgipfeln von Hochfrottspitze und Mädelegabel eine tiefe Senke. Anfang Juli war sie noch fast komplett und über den Gletscher hinaus mit Schnee ausgekleidet. Ein Glück, denn die weiße Decke rettete ihn noch einmal über den Sommer. Einst war die Senke bis hoch zum Rand mit Eis gefüllt. Auf Bildern lässt sich der Rückgang der Gletscherfläche eindrucksvoll nachvollziehen. Die Veränderung der Eisdicke nimmt man dagegen vor Ort besser wahr. Jeder Meter, den man hier hinabsteigt, bedeutete einmal einen Meter Eis.

Unter Beobachtung

Einer, der den Gletscher besonders gut kennt, ist Christoph Mayer, der als Glaziologe an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften arbeitet. Der Allgäuer kennt den Schwarzmilzferner seit mehr als 40 Jahren. Während seines Studiums hat er im Sommer auf dem Waltenberger Haus gearbeitet. Die Hütte ist dem Gletscher am nächsten. »Da kam immer so ein eigenartiger Mensch vorbei, der Kuchen mitgebracht hat«, erzählt Mayer. Das war Joachim Schug, ein Meteorologie-Student von der Universität Innsbruck, der in den 1980er-Jahren seine Diplomarbeit über den Schwarzmilzferner schrieb. Mit ihm beschloss Mayer, der damals Geophysik studierte, die Dicke des Gletschers zu messen. Sie fanden heraus, dass das Eis 1985 etwa 20 bis 30 Meter tief reichte. Schon damals hatte der Schwarzmilzferner allerdings einiges von seiner einstigen Größe verloren. »Auf Fotos aus den 1920er-Jahren sind noch Spalten zu sehen. Die gibt es aber schon lange nicht mehr«, sagt Mayer.

Seit 1998 misst der Glaziologe Ende Oktober regelmäßig die Sommerbilanz; 2006 kam dann die Messung der Winterbilanz Ende Mai dazu. Das heißt, im Frühjahr dokumentiert er nach dem letzten Schneefall das Maximum der Schneereserve und im

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