Darf's noch ein bisschen schneller sein?

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Darf's noch ein bisschen schneller sein?

Speed-Bergsteigen wird immer populärer. Rekordsucht oder Charakteralpinismus? Bergsteiger-Autor Uli Auffermann auf Antwortsuche.

Der Schweizer Dani Arnold 2010 beim Speed-Rekord am Salbit-Westgrat. Im Sommer 2023 hat er alle drei Grate des Salbitschijen am Stück allein in Rekordzeit geschafft.
FOTO: CHRISTIAN GISI

Speed-Begehungen, am besten free solo, vielleicht noch als Ältester oder auf den Händen laufend: Sind das die Erscheinungen einer Gesellschaft, die nur noch in messbaren, riskanten oder spektakulären Leistungen ihren Sinn findet? Und die Protagonisten: Stellen sie Rekorde auf unter dem medialen Druck, auch weil sie davon leben müssen, oder ist es doch vielmehr der Selbstausdruck einer starken alpinen Beseelung?

Mehr Abenteuer als Stress mit der Uhr

Wie sich das anfühlt, solo und unfassbar schnell Rekorde aufzustellen, weiß wohl kaum einer besser als der Schweizer Dani Arnold. Eiger-Nordwand in 2,28 Stunden, Matterhorn-Nordwand in 1,46 Stunden, Piz Badile-Nordostwand in 52 Minuten, den Walkerpfeiler an den Grandes Jorasses in 2,04 Stunden, Große Zinne-Nordwand »Cassin« in 46 Minuten oder Petit Dru-Nordwand in 1,43 Stunden. Gerade erst hat der Spitzenalpinist alle drei Grate am legendären Salbitschijen am Stück und allein in Rekordzeit geklettert. Auf die Frage, wie es war, kommt von ihm nichts zur Geschwindigkeit, vielmehr wie stark ihn diese großartige Landschaft begeistert hat und wie eindrucksvoll das Wolkenspiel an jenem Tag war.

Dani Arnold will Speed-Begehungen nicht als Maßstab für die Meta-Ebene des Alpinismus verstehen. Für ihn ist es eine logische Form des Kletterns, wenn es gilt, die eigenen Fähigkeiten umzusetzen und alle bergsteigerische Kompetenz auszuleben. Klar, dass er als Profi-Alpinist auch gefordert ist, im Zeitgeist des einfach Darstellbaren der leistungsorientierten Gesellschaft griffige Akzente zu setzen. Letztlich aber steht es nicht im Mittelpunkt des Geschehens.

So sieht das auch der Südtiroler Simon Gietl: »Mir geht es dabei mehr ums Abenteuer als um den Stress mit der Uhr. Das einzige Mal, wo es mir um den Rekord ging, war 2011 am Eiger. Da wollten wir unter 4,30 Stunden bleiben, weil das der damalige Seilschaftsrekord war«, erzählt er über seine Speed-Begehung mit Roger Schäli, bei der sie am Ende fünf Minuten schneller waren – ein Wimpernschlag in solchen Wänden. Drei Kanten und drei Nordwände hintereinander gelangen Gietl im Sommer 2021 ganz ohne Stress zusammen mit Nicolas Hojac. »An den Drei Zinnen war nicht der Rekord von sechs Routen in 18 Stunden unser Ziel, sondern wir sind nur mal eingestiegen u

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