Wild & wunderbar

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Wild & wunderbar

Der Nationalpark Écrins in Frankreich gilt als wildester Teil der Alpen. Die Region bietet aber auch sanfte Ziele mit bestem Blick auf die Giganten.

Text: Andrea Strauß Fotos: Andreas Strauß

Beim frühen Aufstieg zum Refuge Glacier Blanc zeigt sich der Gipfel des Mont Pelvoux (3946 m) in den ersten Sonnenstrahlen des Tages.

Wirklich wie im Karakorum!«, denke ich. Oben am Grenzübergang zwischen Italien und Frankreich waren gelangweilt drei schwerbewaffnete Grenzer gestanden. Über eine schmale Bergstraße hoppeln wir jetzt durch die Nacht hinunter ins Durancetal. Unbeleuchtete Baustellen, Felsbrocken auf der Fahrbahn, tiefe Schlaglöcher. Jenseits der Talfurche steht das Écrins-Massiv wie eine schwarze Mauer unter dem Nachthimmel. Die wilden Granittürme, die tief eingeschnittenen Täler und die zerrissenen Gletscher haben ihm den Namen »Karakorum der Alpen« eingebracht. Was uns wohl erwarten wird?

Gerade mal sechseinhalb Zeilen Information stellt Wikipedia für ein Gebiet zur Verfügung, das eineinhalb Mal so groß ist wie der Nationalpark Hohe Tauern und wo Berge mit so klangvollen Namen wie Barre des Écrins (4102 m), La Meije (3983 m) oder Mont Pelvoux (3946 m) stehen. Die Webseite des Nationalparks Écrins stellt denselben zwar ausführlicher vor, allerdings ausschließlich auf Französisch. Infos aus dem Bekanntenkreis? Fehlanzeige.

Einfach nur schauen

Ein gutes Dutzend Augen blicken uns an. Ohne zu blinzeln. Auf unserer Wanderkarte stehen sie für »Pointe de vue«, für besonders empfehlenswerte Aussichtspunkte. Am nördlichen Rand des Nationalparks hat fast jedes Gipfelchen und jeder Sattel ein solches Auge verpasst bekommen. Zu Recht, wie wir feststellen werden.

Wir nähern uns dem französischen Karakorum respektvoll und steigen am ersten Tag zum Plateau d´Emparis auf, einer riesigen Hochfläche mit Panoramablick auf den wilden Teil des Gebirges. Allein hier könnte man einen Urlaub verbringen. Zwischen 2200 und 2600 Metern breitet sich über einige Kilometer ein sanftes Almgelände mit etlichen Seen und einem steilen Abbruch zum Romanchetal hinab aus. Ein Lüftchen streicht über die Kuppen, Kühe dösen in der Sonne und von der Südseite gleißen die Gletscherflächen herüber. Selbst das französische Pärchen, das mit dem offenen Bestimmungsbuch in der Edelweißwiese kniet, wirft ab und zu einen Blick hinüber zur Meije.

Auch wir können uns nicht losreißen und steuern in den folgenden Tagen weitere Aussichtspunkte im Norden des Nationalparks an: den herrlichen Lac du Goléon etwa. In der aalglatten Seefläche spiegelt sich die Nordflanke der Meije, während man im Rücken

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