Geschäft mit der Angst

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MPU-Berater

Nach 70 Jahren ist die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) REIF FÜR EINE REFORM. Denn statt ihre Probleme wirklich aufzuarbeiten, präsentierten Kandidaten nach der Vorbereitung bei zweifelhaften Beratern oft nur auswendig gelernte Geschichten. Für die Verkehrssicherheit könne die Schauspielerei Folgen haben, kritisieren Experten.

ANSGAR (NAME GEÄN-DERT) BEHAUPTET: „Was ich in der MPU sagen sollte, war erstunken und erlogen“

Nackt ausziehen und von einem Angezogenen abfragen lassen – diesen Tipp gibt Dustin Senebald per Videoclip Klienten zur Vorbereitung auf die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU): „Das ist etwas, das hat ’ne sehr hohe Nervosität von der Skala her“, sagt der Geschäftsführer der MPU-Beratungsfirma Sedura Consulting aus Düsseldorf.

Man könne so seine „Nervosität manipulieren“, dass im Psychologengespräch alles viel einfacher sei. Senebald: „Dann sagt dir deine Psyche, dein Kopf automatisch: Ey, das ist jetzt gar nicht so krass wie die vorherigen Male, weil, du bist ja komplett angezogen. Also entspann dich mal.“ Der Fachpsychologe für Verkehrspsychologie Michael Haeser hält das für Unsinn: „Man kommt aus dem Rollenspiel des albernen Nacktseins nicht raus, wenn man mit diesem Bild in die MPU geht.“

Durchgefallen nach der Vorbereitung bei Sedura Eine Frau aus Deutschlands Westen suchte nach dem Führerscheinverlust bei Sedura Hilfe. „Ich hatte Existenzängste“, sagt sie. Die Mitarbeiter hätten auf sie zunächst kompetent und zuverlässig gewirkt. „Die haben sich innerhalb von zehn Minuten bei mir gemeldet.“ Ihre MPU hat sie nicht bestanden – laut Gutachten war ihr keine „hinreichend konstruktive Auseinandersetzung“ mit ihrem Cannabis-Problem gelungen. Inklusive aller Gebühren hat sie rund 7000 Euro bezahlt. „Viele MPU-Kandidaten sind in einer Notsituation, haben auf dem Arbeitsmarkt ohne Fahrerlaubnis oft keine Chance“, erklärt Sozialarbeiter Martin Rindler von der Suchtberatung der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart (eva). In Panik laufen viele dann dubiosen Vorbereitern in die Arme, die online zum Teil massiv werben.

Im Netz kommt man an Sedura fast nicht vorbei. „Wer am lautesten und aggressivsten wirbt, fällt am ehesten auf bei den Menschen, die im Internet nach einer MPU-Vorbereitung suchen“, so Diplom-Psychologin Carola Papenkort aus Bornheim.

Ihr Kollege Haeser betreibt seit 30 Jahren in Duisburg eine Praxis für Verkehrspsychologie. Für ihn ist klar: „Der Vorbereiter-Markt ist nicht mehr grau, sondern dunkelschwarz. Es geht oft nur noch ums Phrasendreschen und Auswendiglernen absurder, nicht zur Persönlichkeit gehörender Geschichten.“ Viele Menschen halten die früher als „Idiotentest“ verspottete Untersuchung für unberechenbar, für eine „Blackbox“. Der Glaube: Es bestehe nur, wer die Geheimtricks der Prüfer teuer von V

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