Made in Zer Watt

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Im SCHWEIZER KURORT ZERMATT sind Autos tabu. Erlaubt sind nur Elektrofahrzeuge, die entfernt an die Gepäckkarren der früheren Bundesbahn erinnern. Die „Elektros“ dürfen nicht zu groß sein und ausschließlich gewerblich genutzt werden. Und es gibt sogar so etwas wie eine Autoindustrie.

Claudius Maintz

KÄSE-KISTE Die Käserei Horu produziert seit 20 Jahren in Zermatt. Als Transporter dient Martina Adam ein „Elektro“

Bloß weg hier, denkt der Tourist, wendet seinen Mietwagen und lenkt ihn zügig Richtung Ortsausgang. Blind war der Kanadier dem Navigationsgerät gefolgt. Das Versehen bringt ihn an diesem Nachmittag an den Rand einer saftigen Geldbuße. Denn im schweizerischen Zermatt sind Autos verboten. Erwischt die Polizei eines von ihnen, drohen dem Fahrer 900 Franken Bußgeld, umgerechnet etwa 960 Euro. „Von dem Verbot wusste ich nichts“, sagt der Reisende durch das Seitenfenster, der auf seinem Weg ins Zentrum an die fünf Verbotsschilder übersehen hat. Schuld sind – wie offenbar auch in seinem Fall – Kartendienste, in denen der Hinweis auf die Fahrverbotszone fehlt.

Erlaubt sind im Touristenort Zermatt nur ganz bestimmte Elektro-Gefährte. Deren Größe schreibt das Verkehrs-Reglement der 5500-Einwohner-Gemeinde genau vor. Höchstens vier Meter lang, 1,40 Meter breit und zwei Meter hoch darf ein „Elektro“ sein, wie die Stromer hier genannt werden. Und es kommt noch dicker: „Elektrofahrzeuge dürfen in ihrer äußeren Erscheinungsform den üblichen Karosserien der Personenwagen nicht ähnlich sein“, heißt es in Artikel 19 der Verordnung.

Futuristische Modelle verbietet das Reglement

Möglichen Extravaganzen erteilt das strenge Reglement eine klare Absage: „Futuristische Modelle sind untersagt.“ Das Ergebnis: Die Zermatter Elektros sehen in etwa so aus wie die meist orangefarbenen Gepäcktransporter, die einstmals auf keinem größeren deutschen Bahnsteig fehlen durften. Trotz gesetzlicher Auto-Brandmauer herrscht im „autofreien Kurort“ an diesem Montagnachmittag reger Verkehr. Ein Elektro-Transporter schleppt auf seiner Ladefläche dicke Findlinge ins Tal, der zweite hat ein Toilettenhäuschen huckepack. Nummer drei kutschiert vier Pensionsgäste samt Gepäck Richtung Bahnhof, ein weiterer hat eine Ladung Hotelmatratzen geschultert, auf denen sich ein Arbeiter ausruht. Ein verschlafener Ort? Von wegen! Der Stromer-Strom reißt fast nie ab auf der Matterstrasse, der Hauptverkehrsader. Ein wenig hat sie etwas von der Brenner-Autobahn: Anstelle des Lkw-Bandwurms könnte man hier auch

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