Keine Prospekte und sonntags zu

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Der Automarkt steht unter Druck, jeder Kundenkontakt zählt. Trotzdem verzichten viele Händler auf Schautage und die Hersteller auf attraktive Prospekte. Eine Fehlentwicklung

Liebe Leserinnen und Leser,

Meinung

Stefan Miete, Chefredakteur

kürzlich las ich wieder eine dieser Geschichten, in denen sich Bürger über die mangelhafte Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung Luft machen. Ein Firmeninhaber schnaubte: „Ständig müssen wir digitale Dokumente ausdrucken, um sie per Post oder Fax an die Behörden zu leiten. Das ist der technische Stand der 80er-Jahre.“ Da berittene Kuriere wie auch Brieftauben inzwischen sämtlich entweder pensioniert oder verzehrt wurden, gibt es anscheinend keinen Fax-Ersatz. Nicht sehr zeitgemäß.

Zeitgemäß ist auch das Stichwort für diese Frage: Wer hat eigentlich entschieden, dass Autohäuser sonntags geschlossen und Prospektständer leer sein müssen? Das war mal anders. Nie werde ich die sonntäglichen Besuche in den großen Auto-Tempeln vergessen. Nicht alle hatten geöffnet, aber doch so viele, dass es für einen spannenden Auto-Guck-Nachmittag reichte. In den verwaisten Verkäufer-Büros saßen meistens Rentner als Stallwache. An der Tür mahnte ein Schild: „Sonntags keine Beratung und kein Verkauf!“

Nie hätte ich es gewagt, den Mann anzusprechen. Nicht auszudenken, wenn er mir geantwortet hätte. Der lokale Volvo-Händler hatte seine Fahrzeuge sogar aufgeschlossen. Nur die Schaltknäufe wurden vor Sammlern in Sicherheit gebracht. Erste Sitzprobe im 940er Kombi: eine Karosserie wie ein Panzerschrank.

Dann in der Mercedes-Niederlassung die ehrfürchtige Annäherung an einen leibhaftigen SL, der den Gegenwert eines Reihenhauses repräsentierte! Die Ausflüge zu den Autohändlern legten die Saat für meine Auto-Leidenschaft. Geschichte. Heute sind die Hallen sonntags meistens zu. Ich hätte jetzt eigentlich Zeit und würde mir ganz gern den neuen XYZ ansehen. Unter der Woche komme ich nicht dazu. „Wir haben die Schautage während Corona abgeschafft“, hört man auf Nachfrage meist. Wenn der Vater mit dem Sohne sonntags Autos gucken will, haben beide Pech. Und wer zu Öffnungszeiten einen gedruckten Prospekt sucht, um zu Hause in aller Ruhe darin zu schmökern, die Vorfreude anzufachen oder das Objekt der Begierde listig als Thema auf dem Wohnzimmertisch zu platzieren – „Schau ma

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